Nancy Sinatra – Nancy Sinatra

Die Idee ist ja nicht unbedingt neu: Man nimmt eine mehr oder weniger legendäre Figur der Popgeschichte, die seit Jahren nichts Legendäres mehr geleistet hat, und baut ihr Comeback um die Superstars bestimmter Szenen herum, die entweder Songs für sie schreiben, Duette mit ihr singen oder als Begleitband auftreten. Marianne Faithfull Vs. PJ Harvey, Tom Jones Vs. Mousse T. Vs. The Cardigans Vs. Robbie Williams und Johnny Cash Vs. Tom Petty & The Heartbreakers. Beispiele dafür gibt’s genug. Dass sich einmal jemand um Nancy Sinatra kümmern würde, war nur eine Frage der Zeit. Seit über 20 Jahren schwebt der Geist Nancy Sinatras über der Indie-Szene, als offensiv feministisches Role Model, als Ikone der bunt-verklärten sechziger Jahre und immer wieder als dankbares Coverobjekt les dürften ungefähr zwei Dutzend Versionen von „Some Velvet Morning‘ zirkulieren, von Thin White Rope bis Primal Screaml. So sehr sie sich auch bemüht hat, Nancy Sinatra hat es nicht geschafft, ihren Ruf zu ruinieren. Nicht mit dem unsagbar schlechten ’95er Album ONE MORE TIME, nicht mit Nacktfotos für den „Playboy“, nicht mit diversen „Schönheits‘-Operationen. Da spielt es sich dann auch ganz ungeniert auf dem Indie-All-Star-Album NANCY sinatra. Natürlich auch deshalb, weil auf Alben wie diesen der Mensch, der seinen Namen dafür herhält, weitgehend aus der Verantwortung genommen wird, weil die Duettpartner für ihn gesucht, weil die Songs für ihn geschrieben werden, was aber unter dem Strich nicht ins Gewicht fällt, wenn dabei ein hervorragendes Album herauskommt. Und NANCY sinatra ist eines. Jeder Song auf dem Album ist eindeutig seinem Urheber zuzuordnen Calexico, Blues Explosion, Morrissey, U2, Pulp, PeteYorn], nur ist da eben auch noch diese Stimme, die schon „These Boots Are Made For Walkin “ zu einem Erlebnis gemacht hat. „Burnin‘ Down The Spark“ [mit Calexico] ist eine großartige Steel-Guitar-Tex-Mex-Mariachi-Tarantino-Nummer. „Ain’t No Easy Way“ ein schwül-dampfendes Duett mit Jon Spencer. In „Momma’s Boy „, einer minimalistischen Lesung von und mit Thurston Moore, adaptiert Sinatra die Phrasierung von Kim Gordons Stimme. Hier wird auch jenen Songs ein großer Gefallen getan, der ihnen von den Originalinterpreten verweigert wird. Wer etwa die Stimme von Morrissey nur schwer ertragen kann, wird vielleicht erst durch Sinatras Interpretation darauf gestoßen, was für ein großartiger Song dieses „Let Me Kiss You“ eigentlich ist, wer für U2 nur Verachtung, Baby! übrig hat, wird staunen über das großartige „Two Shots Of Happy, One Shot Of Sad“, das Bono einst für Frank Sinatra geschrieben hat, von dem aber nie aufgenommen wurde.