Neil Young – Under Review 1976-2006

Wer in der Fortsetzung von Under Review 1976-2006 die auf der DVD-Hülle versprochenen „obscure footage, rare interviews and seldom seen photographs“ erwartet, wird möglicherweise enttäuscht werden, bekommt hier allerdings in knapp 80 Minuten eine messerscharfe Analyse der mittleren bis späten Jahre Neil Youngs anhand von Experteninterviews serviert. Die Konzertausschnitte und Fotos, die dazwischengeschoben werden, sind weder rar noch obskur, sondern für Hobby-Youngologen so vertraut wie der morgendliche Gang zur Toilette. Anhand der Alben American Stars’n’Bars bis Living With War entsteht aus Wortbeiträgen von u.a. Young-Biograf John Einarson („Don’t Be Denied“), Barney Hoskins (Ex-NME-Redakteur). Robert Christgau („Village Voice“) und Nigel Williamson (Redakteur beim „Uncut“-Magazin) eine kritische Würdigung von Künstler und Werk, die respektvoll, aber pointiert neben den großen Leistungen auch die zahlreichen Tiefpunkte Youngs benennt: Der Künstler als Punk-Sympathisant, der 1979 Johnny Rotten in seinem Song „My, My, Hey, Hey“ namedroppt; als New-Wave-Sympathisant, der Anfang der Achtziger die Band Devo für sich entdeckt; die orientierungslosen achtziger Jahre mit der künstlerischen Rehabilitation durch das Album FREEDOM zum Ende des Jahrzehnts; der „Godfather Of Grunge“ in den Neunzigern; die neuerliche Orientierungslosigkeit im neuen Jahrtausend. Hartnäckige Mythen über Neil Youngs Werk werden dabei durch die verschiedenen subjektiven Meinungen der Interviewten relativiert. Ist American Stars’n’Bars vielleicht doch nicht das Meisterwerk, als dass es immer hingestellt wird? Ist das Elektronik-Album Trans wirklich so schlecht, wie es uns die Rockisten seit 25 Jahren weismachen wollen? Under Review 1976-2006 ist perfekt für Leute wie du und ich, die es nicht lassen können, jedes neue Neil-Young-Album zu kaufen, in der Hoffnung, es könnte ja vielleicht doch das neue „Like A Hurricane“ drauf sein.

www.neilyoung.com