Nick Cave & The Bad Seeds :: The Good Son
Mit diesem ungewöhnlich eingängigen Album verliert Cave möglicherweise seine fanatischsten Anhänger, gewinnt dafür aber ein neues, „erwachseneres“ Publikum dazu. Denn mit Gewalt, Nihilismus und Instrumental-Barbarei hält er sich diesmal zurück. Er konzentriert sich stattdessen auf schwere, traurige Balladen mit simplen, aber eindrucksvollen Melodien und romantischen Streicher-Arrangements, die die rührende Verletzlichkeit seiner Stimme unterstreichen. Obwohl Caves Gesang nach konventionellen Maßstäben allmählich besser wird, sorgt man sich immer noch, ob er wohl alle Töne trifft (meistens schafft er es gerade noch). Dieses Album klingt altmodisch – doch dieser beabsichtigte Effekt wird von Nicks boshaften Texten immer wieder gebrochen. Die Single „The Ship Song“ wandelt mit säuselndem Background-Gesang von Blixa Bargeld auf den Spuren der Walker Brothers und wäre 1965 ein Riesenhit geworden. Heute begibt sich Cave damit, wie mit vielen anderen Stücken dieses Albums, auf einen gefährlich schmalen Grat zwischen Lächerlichkeit und Größe. ,“Foi Nagruz“ klingt trotz des portugiesischen Refrains – die Platte wurde in Brasilien aufgenommen – sehr nach Leonard Cohen, und den Harmonien des lieblichen Songs „Sorrow’s Child“ würde eine Dosis Jazz nicht schlecht bekommen – jemand sollte ein Tape an Sinatra schicken. „The Witness Song“ ist ein witziger Uptempo-Gospel, in dem der Sänger NICHT wiedergeboren wird, „The Hammer Song“ ein merkwürdiges Melodram um Visionen in der Wildnis. Schlägt Cave mit dieser Platte tatsächlich eine neue Richtung ein, oder ist sie nur eine exzentrische Eintagsfliege? Ein derart konservatives Album wirkt heutzutage jedenfalls genauso beunruhigend wie Caves frühere nonkonformistische Projekte.
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