Nick Lowe – The Doings :: Lowely

Notorische Eigenbrötler sitzen selten auf dem Pop-Thron – eher zwischen allen Stühlen. Etwa der nunmehr 50jährige „Basher“ (so sein Spitzname): In die Champions League hat er’s nie geschafft, dafür genießt Nick Lowe heute Respekt und Reputation wie kaum ein anderer britischer Musiker. Jetzt also „Nick The Knife“ satt: die längst fällige Würdigung per opulentem 4-CD-Boxset. Zu hören gibt’s ausschließlich Lowes Solo-Schaffen; das Band-Werk mit Brinsley Schwarz und Little Village bleibt außen vor. Ausnahme: seine Arbeit mit Rockpile. Denn Bassist Lowe, die Gitarristen Dave Edmunds und Billy Bremner sowie Drummer Terry Williams konnten ihre Platten wegen vertraglicher Probleme nie unter dem gemeinsamen Bandlogo veröffentlichen, erst 1980 erschien das einzige offizielle Rockpile-Album, SECONDS OF PLEASURE. So waren vor allem Edmunds‘ Platten aus dieser Periode im Grunde Rockpile-Alben; die eine oder andere Aufnahme indes erschien auch unter Lowes Namen. Mitte der Siebziger steckte unser Mann außerdem im Klüngel um die aufgelösten Brinsley Schwarz, aus denen dann Graham Parkers Begleitband The Rumour wurde. Und als Hausproduzent des legendären Stiff-Labels war er zudem Dreh- und Angelpunkt einer quirligen Musikerszene, die sich gleichermaßen aus verdienten Pubrockern wie Joe Strummer (später The Clash) oder Graham Parker und Einzelgängern vom Schlage eines Ian Dury oder Wreckless Eric rekrutierte. Wer da wann und mit wem spielte, ist heute kaum noch zu rekonstruieren. CD 1 von THE DOINGS versammelt die Highlights der Lowe-Alben JESUS OF COOL (1978), LABOUR OF LUST (1979) und NICK THE KNIFE (1982), ein schillerndes Kompendium griffiger Popsongs mit zwingenden Refrains, spectoresken Arrangements und einer gesunden Portion sarkastischen Humors. Vom polternden Charme seiner Debütsingle „So It Goes“ über seinen größten Charts-Hit „I Love The Sound Of Breaking Glass“, betörende Mini-Meisterwerke wie „Little Hitler“ bis hin zu Coverversionen, etwa Mickey Jupps „Switchboard Susan“, gibt’s nur Lowe at his best. Die 8oer Jahre hingegen waren für Nick eine schwierige Zeit. Seine Musik hatte sich schon immer aus klassischen Quellen gespeist; den „twangy“ Instrumentalriffs des Fifties-Rock’n’Roll, den schnörkellosen Drei-Akkord-Strukturen des klassischen Pop und nicht zuletzt einer heimlichen Liebe zur amerikanischen Countrymusik. Hinzu kam, daß Lowe sich lieber selbst hochnahm als in den Verdacht zu geraten, mit seinen Drei-Minuten-Krachern tiefschürfende Botschaften zu verbinden. Qualitäten, die in den gestylten 8oern nicht gefragt waren; zwischen gelackten Posern wie Spandau Ballet und ambitionierten Heilsbringern wie Bono hatte der trinkfreudige Lowe nichts verloren. Überdies wurden die wirklich großen Momente auf seinen Alben seltener. Genug für eine mit Highlights prall gefüllte CD2 war’s aber allemal. So gibt’s hier lebensfrohe Rocker wie „7 Nights To Rock“, Pop-Perlen wie das mit Carlene Carter und Simon Climie verfaßte „Time Wounds All Heels“ oder augenzwinkernde Pamphlete wie „All Men Are Liars“. In den goern schließlich lief der inzwischen eisgraue Altrocker wieder zur Höchstform auf. Mit dem ’94er Album THE IMPOSSIBLE BIRD, hier großzügig mit neun Songs vertreten, meldete er sich eindrucksvoll zurück. Das britische Magazin „Q“ listete die Platte gar unter seine Alben des Jahres. Ex-Schwiegervater Johnny Cash coverte die Akustik-Ballade „The Beast In Me“ auf seinen AMERICAN RECORDINGS, und Rod Stewart nahm „Shelley My Love“ in die Mangel. Lowes ’97er-Werk DIG MY MOOD, auf CD 3 ebenfalls mit neun Songs gewürdigt, setzte mit reduzierten Arrangements und dem verwittertem Charme seines gereiften Protagonisten gar noch eins drauf. Disc Four schließlich bietet die obligatorische Fundgrube: Liveversionen bekannter Songs (z. B. „Cruel To Be Kind“), Demos („Don’t Think About Her“), Outtakes („l’ll Give You All Night To Stop“), kurz: was das Fan-Herz begehrt.THE DOINGS erzählt die ganze Lowe-Story – vom Bruder Leichtfuß zum weisen Grandseigneur. Listen and you’ll fall in Lowe. Versprochen.