Olli Schulz & der Hund Marie
München, Ampere
Ist es Indie-Kabarett? Ist es Rock? Ist es Liedermachertum? Alles gut: Komm, steif dich in die Mitte, alte Plastiktüte!
Am Anfang gibt es einen Videofilm. Er zeigt Olli Schulz und seine Band, wie sie in einer Art Undercover-Selbstversuch bei einem deprimierenden „Country-Festival“ auf einem Parkplatz in Hamburg-Horn auftreten. Der Film ist gleichzeitig fürchterlich lustig und ein wenig beklemmend, wie man das etwa kennt von Heinz Strunks Großtat „Fleisch ist mein Gemüse“. Dieses Norddeutschland, Hamburg und seine Provinz scheint ein fruchtbarer Boden zu sein für solche beobachtende Studien des abseitig Menschlichen. Oder die haben da oben einfach die besten Beobachter.
Ein Olli-Schulz-Konzert ist etwas seltenes, was es vielleicht in den 70er/80er-Jahren bei den klassischen „Liedermachern“ noch öfter gegeben hat: ein Halbling aus (Folk)-Rockkonzert und, wie sagt man da, Spoken-Word-Performance – Indierock-Kabarett? – von Entertainertier Schulz, der sich sehr gern reden hört („Da könnt ich noch ne Geschichte erzählen …“), was entgegenkommt, weil man ihm sehr gern zuhört. Weil er einen Schmäh hat, wie der Wiener sagt. und einen Humor, derüberEloquenz und satirische Feinheit verfügt, aber auch keine Angst vor akuter Albernheit hat, quasi direkt in die Albernheit hineingeht. Die Qualität eines Humoristen zeigt sich ja nicht zuletzt daran, wie er dir noch den bescheuertsten Flachwitz (die Geschichte von Onkel „Pearl“ Herbert etwa ist so bescheuert, daß man sie als Unbefugter gar nicht nacherzählen darf) so auftischt, daß du gar nicht anders kannst als haltlos kichern.
Über eine Jugend als 80s-Metalleretwa hat schon manche Anekdotenschleuder einen erzählt, aber selten 50 pointiert wie Herr Schulz. Der Mann weiß, wovon er spricht und ist so konsequent, seine Band dann auch eine erschreckend stimmige NWOBHM-Persiflage hinlegen zu lassen, zudererwieem wildgewordener Haiford am Bühnenrand auf und ab rennt, „zwei reden, einer bangt!“ Und im nächsten Moment spielt er einem dann einen so genuin berührenden Song wie „Weil die Zeit sich so beeilt vor und man ist voll mit ihm. Emotionale Rundumversorgung also. Schlapplachen mit Herzensbildung. Und super Musik: Der Hund Marie Max Schröder ist live um Gitarrist Dennis Becker (Tomte, Marrl und Drummer Andre Frahm IMarr) verstärkt, zusammen setzen sie die erstaunliche Latte von Hitverdächtigen („Dann schlägt dein Herz“, „Der Moment“, „Elefanten“, „Der Bettmensch“ etc.) schön rollend in Szene. Am Ende wird vollends klar, daß Schulz‘ Mission eine gerechte ist: Wer sich was Gutes tun wolle, solle morgen abend zum Witco-Konzert gehen, empfiehlt er. Und dann empfiehlt ersieh.
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