Omar Rodriguez Lopez – Se Dice Bisonte, No Bùfalo

Als jemand, der The Mars Volta wohlgesonnen ist, darf man rückblickend gerne auch der Meinung sein, dass das letzte Album Amputechture dann doch ein bisschen over the top war in seiner chirurgisch präzisen Überambitioniertheit, in der perfekten Planung des Unerwarteten, in seinen Sprüngen und Wendungen. Für die anderen, denen The Mars Volta-im günstigsten Fall – am Arsch vorbeigeht oder – eher nicht so günstig – bei denen sie mit ihrer Musik Aggressionen erzeugen, klingt sowieso alles gleich. Die Wahrheit ist, dass selbst der retortenhafteste aller Mars-Volta-Songs mehr „Seele“ hat als alles, was in den Jahrzehnten davor „Prag“ genanntwurde. Se Dice Bisonte, No Bùfalo ist 1) das dritte Soloalbum von Mars-Volta-Gitarrist Omar Rodriguez Lopez. 2) ein verkapptes Mars-Volta-Album, weil die halbe (Live-) Mannschaft mitmacht inkl. Sänger Cedric Bixler-Zavala bei drei Songs, plus Gaststars John Frusciante, Money Mark und Ex-Mars-Volta-Schlagzeuger Jon Theodore und 3) in seiner Entstehungsgeschichte eher zähfließend erklärbar. Es ist eines von vier Alben, die Rodriguez Lopez im Jahr 2005 in seiner damaligen Wahlheimat Amsterdam aufgenommen hat. Ein anderes, noch nicht erschienenes, ist der Soundtrack zum Film „El Bufalo de la Noche“ des Regisseurs Jorge Hernandez Aldana nachdem Buch von Cuillermo Arriaga. Dieses Album hier wiederum hat nicht direkt etwas mit dem Film zu tun, sondern ist durch die Arbeiten am Soundtrack inspiriert – eine musikalische Fantasie über die musikalische Fantasie zu einem Film, ein Soundtrack zweiter Ordnung. Es sind vor allem die Blasinstrumente (inkl. Sopransaxophon) von Adrian Terrazas-Gonzales (bei der Hälfte der zehn Songs), die diese Musik immer wiedervom Prag in eine freejazzige Richtung treiben. „Rapid Fire Tollbooth“ ist die 1:1-Übersetzung von Van der Graaf Generator, ca. Godbluff, für eine Generation, die nie im Leben auch nur in die Nähe dieses Albums kommen wird. Wie das von einem Zappa-esken Gitarrensolo getriebene „Thermometer Drinking The Business Of Turnstiles“ hinübergleitet in den Titelsong, der Lyrizismus, Ennio Morricone und Comedy Music auf beinahe beängstigende Weise verheiratet, ist einer der größeren Momente der jüngeren „Rock“-Geschichte. „Please Heat This Eventually“ („bekannt“ von der diesjährigen, gemeinsamen EP von Omar Rodriguez-Lopez und Ex-Can-Sänger Damo Suzuki) kommt hier Gott sei Dank ohne (Suzukis) Gesang aus, bleibt aber dennoch ein hervorragendes Stückchen Freejazz in Rock. Auch wenn hier niemand gleich „Pop!“ schreit, Se Dice Bisonte, No Bùfalo ist die vielleicht tigheste, kompakteste, „zugänglichste“ Arbeit von allen (regulären, Fan-Club-Only- und Live-) Alben, bei denen Omar Rodriguez Lopez seine Finger im Spiel hat und – wie vieles von ihm – der Beleg dafür, dass Kunst nicht immer weh tun muss.

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