Paradise Lost – Host :: Gereift

Wären Paradise Lost nicht eine der wichtigsten Metalbands der letzten Dekade, sondern irgendwas ganz anderes – sagen wir ein Kaugummi – dann wäre alles ganz einfach. Dann könnte HOST mit dem Aufdruck erscheinen: „Neu! Jetzt mit Depeche Mode-Geschmack“, und wir müßten uns hier keine schlauen Erklärungen ausdenken. Aber nein, als metallische Kreuzung aus Gothic und Death Metal erblickten Paradise Lost vor gut elf Jahren das Licht der Welt. Man besang die „Joys Of The Emptiness“, beklagte „This Cold Life“ oder litt an „Frozen Illusions“. Jedes Album eine Messe der Melancholie, eine weihevolle Feier der privaten wie universellen Depression. Seitdem hat Sänger Nick Holmes beständig sein Organ geschult, haben die Briten an ihrem Songwriting gefeilt und sind nun, auf dem Gipfel ihrer Popularität, nicht mehr wiederzuerkennen. Oder doch? Wo zuvor Gitarren frästen, da kreisen auf HOST nun flirrende Synthesizer, und wo ehedem desperate Epen sich entfalteten, da regiert nun der bündige Popsong in Moll. Und das ist von einer dunkel schimmernden, effektsicheren Schönheit, der man sich schwerlich wird entziehen können. Schon der Opener „So Much Is Lost“ bleibt im Ohr, mindestens ein halbes Dutzend potentieller Hits folgen. Die Trübsal haben sie sich bewahrt, das tragische Pathos domestiziert. Zur pubertären Bitterkeit gesellt sich nun aber eine reife Süße, die Paradise Lost schlicht unwiderstehlich machen.

Les Nubians – Princesses Nubiennes (Virgin)

Helene und Celia Faussart, zwei schwarze Schwestern aus Bordeaux, debütieren mit feinstem französischen R & B, einem Schuß Rap und dezenten Afro-Vibes.“Tabou“, ihre überzeugende Übersetzung des nämlichen Sade-Klassikers geht da als völlig legitime Einstiegshilfe für einen rundum gelungenen Erstling durch, der ansonsten voller Eigenkompositionen steckt. Von der jazzigen Eröffnungsnummer „Demain“ (die in einer Reprise als Hidden Track am Albumende nochmals unplugged erklingt) bis zur Slowgroove-Ballade „Desolee“, die das Album offiziell beschließt: alles relaxt und funky. Souliger Plüschsofa-Pop with an attitude. Denn erklärte Vorbilder der 23 und 19 Jahre jungen Prinzessinnen sind neben Wyclef Jean und Soul II Soul die AfroLegende Miriam Makeba, Fela Kuti oder Jazzsängerin Abbey Lincoln. Von der makellosen Produktion ließen sich auch die kritischen amerikanischen Plattenkäufer überzeugen. Trotz der überwiegend französischen Texte schaffte es das Album PRINCESSES NUBIENNES in die US-R & B-Charts.