Paranoide Androiden: radiohead.com :: Gehirnströme
Wer gelegentlich an Angstzuständen leidet, Wahrnehmungsverschiebungen nicht nur aus Erzählungen kennt und geheimnisvolle Gebote wie „Surround yourself with sycophants“ („Umgebe dich mit Psychophanten“?) unterhaltsamer als die Harald Schmidt Show findet, der wird sich auf Radiohead.com geborgen wie einst im Fruchtwasser fühlen. Ein virtueller Einblick in Thom Yorkes ungespritzten Gehirnsalat hat einen Psychopathie-touristischen Reiz, der höchstens im Genuss des musikalischen Outputs der Band Entsprechung findet. Nach stundenlangem Irr-Surfen in diesem verschachtelten Spie(ge)lkabinett hat man längst nicht alles gesehen – zu versteckt sind die einzelnen Links und Türchen, die zu stets neuen kryptischen Verslein oder gekritzelten Zeichentrick-Animationen führen. Wer das Pech hatte, „Kid A“ ohne komplettes Booklet erworben zu haben (ein zweites Heftchen war nur in den ersten Pressungen unter der CD versteckt), kann hier die dadaistischen Kunstwerke downloaden. Zusammen mit einem grafisch begabten Stanley Donwood leitet die Band selbst die Seite, spielt unangekündigte Webcasts und erzählt in ausführlichen Tagebüchern von den Erlebnissen auf Tour. Überraschungen gehören zum Konzept, die Seite verändert sich ständig und ist damit ein Vorzeigeauftritt, vom dem sich Werbeportal-Programmierer (siehe z.B. www.3doorsdown.com) ein Scheibchen abschneiden könnten.
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