Patrice – How Do You Call It?

-Es liegen doch Welten zwischen Gentleman und Patrice: Wegen seines ersten Albums ANCIENT SPIRIT wurde Letzterer bereits der heimischen, oft peinlich um Rasta-Authentizität bemühten Reggae-Szene zugeschlagen. Doch gute Songwriter lieben die Grenzüberschreitung: Jetzt zeigt der Nachfolger HOW DO YOU CALL IT? Patrice mit einem musikalischen Potenzial, das von psychedelischem Folk über Roots-Reggae bis hin zu zeitgenössischem R’n’B reicht. Ein deutscher Wyclef Jean? Manche der streichergestützten Balladen wie „How Do You Call It?“ und „Thought I Knew erinnern unwillkürlich an dessen melancholischste Momente a la „November Song“, glänzen mit ähnlichen Moll-Refrains und semi-akustischen Arrangements. Andererseits: Geht es um Glaubwürdigkeit, muss sich Wyclef Jean wohl eher an dem Hamburger Sänger und Songwriter messen lassen. Wie Patrice gekonnt auf dem dünnen Grat des melodisch Eingängigen balanciert, ohne in den Abgrund kommerzieller Beliebigkeit abzurutschen, das erfordert nicht nur höchstes ästhetisches Gespür sondern auch persönliche Integrität. So enthält das Album nicht weniger als zwölf potenzielle Hits, zwölf Refrains die jeden sensiblen, Soul-sozialisierten Hörer ins Herz treffen werden. Wer könnte auch Patrices gutturaler Soul-Stimme widerstehen? Da treffen warme, luftige Arrangements auf Texte, die auch ohne Musik funktionieren würden. Beispiel „Jah Jah De De“: Patrice, als Sohn eines Kultur-Attaches aus Sierra Leone mit afrikanischer Geschichte bestens vertraut, besingt seine Helden, ermordete afrikanische und afroamerikanische Freiheitskämpfer wie Patrice Lumumba, Steve Mbiko. Kwame Nkrumah oder Malcolm X. So mag es bestenfalls atmosphärisch von Belang sein, dass HOW DO YOU CALL IT? in Jamaika eingespielt wurde, der ursprünglichen Heimat fast aller von Patrices Bandmitgliedern. Schließlich schreibt Patrice universellen Soul: Musik, die man von Freetown bis Hamburg spontan versteht.

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