Peter Hammill – The Future Now

Peter Hammill (29) macht keinen Hehl daraus, daß ihn die musikalische Midlife-Crisis befallen hat. Kein Wunder, wenn man 15 Alben auf dem Buckel hat, sieben solo und acht als Hauptgenerator bei Van der Graaf. Aber deshalb aufgeben, sich künftig wie so viele gealterte Rock-Recken als A+R-Mann („Artist & Repertoire“ bei Plattenfirmen) durch die Showbiz-Schmiereschlagen? Hammill nicht: „Perhaps I should retire, but even if it all deserts nie and I’m left alone, I still know that I’m fuelled by fire“, sinniert er auf „Pushing Thirty“.

Stimmt. Sein jüngster Ego-Ausflug beweist, daß er den „energy Vampires“, den amusischen Blutsaugern der Plattenbranche, den Hals noch längst nicht hingehalten hat. Unbeirrt von Zeitgesclunack und Kommerzkalkül treibt Hammill weiter als Schiffbrüchiger „in the sargasso“, im Ozean der eigenen Emotionen. Er ist Poet und Politiker, psychedelischer Freak und pantheistischer Grübler zugleich. Seine seelischen Momentaufnahmen sind von unterschwelliger Schizophrenie gezeichnet – seine Musik nicht minder. Da fusioniert sakrale Chormusik mit synthetischem Rock – Avantgardisnms („Mediaevil“). Da paaren sich Yamaha-Geknatter und Busch-Getrommel zum bizarren Soundtrack der Menschenrechtstragödie zwischen Soweto und Salisbury („A Motor-Bike in Africa“). Da wird nachgerade New Wave-typische Lebensverdrossenheit nicht mit rotzigem Rock-Feeling, sondern mit hymnischer Inbrunst vorgetragen („I Want The Future Now“). Die alles dominierenden Texte werden gesungen, geflüstert und geschrien, zelebriert wie eine Liturgie oder instrumental geformt von Hammills unnachahmlicher Vortragskunst, die vom Sopran bis zum Baß, von der Hoffnung bis zur Depression, die ganze KJaviatur menschlicher Gefühlsregungen beherrscht. Easy-Listener kann man vor sowas nur warnen. Hammills Musik ist der Stoff, aus dem bleischwere Alpträume sind.