Pettys Platten-Parade
Tom Petty & The Heartbreakers 1976
Bollerige Drums, swingender Baß, aufmüpfige Gitarren in dreiminütigen Jukebox-Krachern, die „Rockin‘ Around“ oder „Anything That’s Rock’n’Roll“ hießen: Tom und seine Rasselbande fegen als Enkel von Elvis und Chuck, als kleine Brüder von John & Paul, Mick &Keith mit diesem Zwölf-Zylinder-Debüt wie ein Hurrikan in die öden 70er und ernten für „American Girl“ und „Breakdown“ verdienten Hit-Lorbeer.
You’re Gonna Get It 1978
Immer auf die gleiche Stelle: Kein Jota weichen die Traditionalisten aus den USA vom Pfad der Tugend ab. Die Jingle Jangle“-Gitarren, die die Byrds einst populär gemacht hatten, feiern hier Auferstehung. Saftige Songs wie „Listen To Her Heart“ oder „I Need To Know“ lassen zum Glück jegliches „Epigonen“-Gezeter verstummen, nicht aber jene Dumpf nasen, die diesen knochentrocken rollenden Rock ernsthaft „Punk“ nennen.
Damn The Torpedoes 1979
Hier ist er wieder, der Killersong: „Refugee“ heißt er und hört sich auch heute noch so an, als könnte Rock’n’Roll tatsächlich alle Versprechen einlösen, die je gegeben, alle Träume erfüllen, die je geträumt wurden. Und weil die restlichen acht Tracks kaum schwächer ausfallen, die Heartbreakers einen schwindlig spielen, und Petty auf dem Cover stolz mit einer zwölfsartigen Rickenbacker posiert, ist es nicht so schlimm, daß alles nur schöner Schein ist.
Hard Promises 1981
„The waiaiaiaiting is the hardest part“, singt Tom Petty im Opener, derweil die Fans sich freuen, daß das Warten wieder einmal ein Ende hat. Gleichwohl nehmen viele den vierten Streich der Herzensbrecher eher beiläufig zur Kenntnis, vermerken stirnrunzelnd, daß auf „The Insider“ Stevie Nicks‘ Raspelröhre ertönt, horchen bei „The Waiting“ auf, bei „Nightwatchman“ weg und lassen den Rest als okay durchgehen.
Long After Dark 1982
Petty goes Pop: „A One Story Town“ und „You Got Lucky“ sind eine Links-rechts-Kombination, die einem richtig schön den Kopf verdreht, und „Long After Dark“ die Platte, die Steve Miller nach „Fly Like An Eagle immer machen wollte, mit Melodien, so glatt und glänzend wie die Chromleisten eines 57er Chevy, mit Harmonien, so satt und säuselig wie bei den seligen Eagles. Ein süßer Volltreffer mitten ins Herz.
Southern Accents 1985
Angeblich schlägt Petty bei den Aufnahmen zu diesem Album so heftig gegen die Trennscheibe im Studio, daß er sich die Hand bricht. Der Ärger ist verständlich: Zu viele Produzenten, zu viele Gastmusiker, zu viele Soundfarben. So ersticken brillante Ideen („Don’t Come Around Here No More“, „Southern Accents“) allzu oft in orchestralem Größenwahn und matschigen Grooves.
Pack Up The Plantation – Live 1985
Ihr nettes, kleines Live-Album von nebenan: Petty & Co. rocken das Haus, covern, was das Zeug hält („So You Want To Be A Rock’n’Roll Star“, „Needles And Pins“, „Don’t Bring Me Down“, „Shout“), servieren einige handverlesene Klassiker aus eigener Feder und liefern so ein brauchbares Best-Of-Kompendium, das nach dem vorangegangenen Studio-Dünnpfiff Zeit für Neuorientierung verschafft.
Let Me Up, I’ve Had Enough 1987
Irgendwie hat man es kommen sehen: Die Heartbreakers wieder unter sich, und doch ist nichts mehr wie früher. Mag der rustikale Riff-Rocker „Jammin‘ Me“ noch wie ein Echo aus besseren Zeiten klingen, so verkommt in der Folgezeit das lodernde Feuer zum schwachen Glimmen: Dies ist auf Nummer Sicher gespielte Mainstream-Mucke, die gelegentlich gar fatal nach Falschmünzern á la Foreigner muffelt.
Full Moon Fever 1989
An der Seite von Bob Dylan, George Harrison, Roy Orbison und Jeff Lynne hatte Tom Petty bei den Traveling Wilburys die Freude an der Musik wiedergefunden – was man diesem seinem Solodebüt vom ersten bis zum letzten Ton anhört. Die Band schwelgt in wahrhaft berauschenden Melodien, und Master Tom schwebt fast schon wie auf Wolken, „Free fallin'“, jedoch nie den festen Boden unter den Füßen verlierend.
Into The Great Wide Open 1991
Falsch ist, daß „Into The Great Wide Open“ klingt, als hätte das Electric Light Orchestra einen feuchten Americana-Traum gehabt. Richtig ist, daß Jeff Lynne, der schon „Full Moon Fever“ produziert hatte, diesmal des Guten fast zuviel tut. Die Drums patschen ELO-mäßig, der Hörer ertrinkt in einem Ozean aus Wohlklang, doch die süperben Songs widerstehen wunderbarerweise allen verzweifelten Weichspülversuchen.
Greatest Hits 1993
Herzensbrecher im geldbeutelschonenden Kompaktformat: reihenweise Hochkaräter, dazu, wie üblich bei Best-Of-Unternehmen, manch schmerzliche Lücke plus zwei – vergleichsweise verzichtbare – neue Songs: „Mary Jane’s Last Dance“ und „Something In The Air“, dessen Original einst Thunderclap Newman populär machten.
Wildflowers 1994
Pettys beste Platte seit 1979, und gäbe es nicht Vorbilder – Dylans „Blonde On Blonde“, Gram Parsons‘ „Grievous Angel“ oder“Exile On Main Street“ von den Stones -, „Wildflowers“ wäre sechs Sterne wert. Aber so ist diese coole Kollektion aus mal rüden, meist aber relaxten Ohr-würmern – garantiert fettfrei gezüchtet vom großen Rick Rubin an den Reglern – „nur“ das beste Mittel gegen Herz-, Kopf- und Weltschmerz.
Playback 1996
20 Jahre Tom Petty in 92 Songs auf sechs CDs: Die ersten drei Silberlinge als großzügig angelegte Best-Of-Retrospektive, CD Numero vier mit 15 raren B-Seiten und Bonustracks, die übrigen beiden Scheiben mit insgesamt 27 unveröffentlichten, fast durchgängig prächtigen Stücken, dazu ein wunderschönes, informatives Booklet. Fans schließen sich ein, hören, bis die Ohren bluten – und sind glücklich.
She’s The One – Soundtrack 1996
Es ist doch wirklich ein Kreuz mit diesen Soundtracks: Am besten kommen sie noch als Sampler rüber („Pulp Fiction“, „Dead Man Walking“), ansonsten langweilen sie oft und schnell, selbst wenn ausgewiesene Koryphäen am Werk sind. Ein paar Songs auf „She’s The One“ – die meisten stammen aus den „Wildflowers“-Sessions sind okay, ein paar andere nicht. Aber hängen bleibt kaum etwas.
Echo 1999
Perfekt „unproduziert“ von Rick Rubin pendelt das erste reguläre Tom Petty & The Heartbreakers-Album seit acht Jahren zwischen rohen Kraftausbrüchen und brüchigen Balladen. Mehr zu „Echo“ auf Seite 68.
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