Rachel Sweet – Protect The Innocent

Protect the innocent – warum war keiner da, der Rachel Sweet noch ein wenig vor sich selbst geschützt hat‘.‘ Die resolute und superselbständige 17jährige, deren intensive Röhre gerade noch die letzten unberührt kindlichen Nuancen zuläßt, kann zuviel und hat darum enorme Probleme mit der Identität. Sie singt alles, was ihr gefällt, wagt sich (klar, bei der Stimme!) an jeden Song – egal, ob er mal von den Damned („New Rose“) oder von Elvis Presley („Baby Let’s Play House“) geformt wurde. Bei aller Professionalität und Sicherheit fehlt es Rachel Sweet noch reichlich an Erfahrung, und Produzent Martin Rushent hat sie auch nicht unbedingt optimal beraten.

Rachel auf der Bühne ist ein Erlebnis, doch ihre Intensität wird auf dieser LP nicht zuletzt durch eine gewisse Richtungslosigkeit gebremst. Ihr Stiff-Debut, FOOL AROUND, das sie zusammen mit Texter/Produzent Liam Sternberg aufnahm, war noch ein spielerisches Experimentieren zweier unbefangener Neulinge. PROTECT THE INNO-CENT geriet für mein Empfinden dagegen schon an vielen Stellen zu altklug, zu unjugendlich. Ganz abgesehen auch von teilweise absolut unpassenden Arrangements.

Witzig und gut gemacht das auch als Single veröffentlichte, rockige „Baby, Let’s Play House“. Power und Atmosphäre vermittelt „I’ve Got A Reason“. Nach Dolly Parton-Muster gestrickt: das reizvolle „Spellbound“ mit mädchenhaftbrüchigem Countrytouch. An vielen Stellen scheint das Idol Bruce Springsteen durch. Musikalisch hat man sich leider nur arg verzettelt. Gefesselt bin ich allerdings von der Ballade „Tonight Ricky“, einer von Rachels eigenen Songs übrigens. Da singt ein erwartungsvoller Teenager voller Hingabe vom bevorstehenden Abend, da die Eltern nicht zuhause sind und man in sturmfreier Bude das Gefühlsleben einmal austesten kann. Und bei aller Sinnlichkeit, die die dazugehörige gedämpfte Barmusik wohl vermitteln soll, behält sich Rachel dabei soviel teenagerhafte Unschuld, daß auch manch ein älterer Ricky wohl irritiert ins Schleudern geraten mag.