Raiders Of The Lost Dub
Zwei Dub-Sets aus zwei verschiedenen Kontinenten, beide nicht gerade repräsentativ für den gegenwärtigen Stand des Genres. Bei RAIDERS OF THE LOST DUB schrillt die Alarmglocke schon, bevor überhaupt die ersten Böllerschüsse aus den Boxen dröhnen. Denn wer auch immer diesen Showcase als LOST DUB ediert hat, leidet unter chronischem Gedächtnisschwund. Allerhöchstens drei von zehn versions wurden aus dem (Island)-Archiv gekramt, der Rest kursierte schon vorher. Auf Seite 1 werden die Restposten der letzten Inventur verhökert, I jahmans „Moulding“, Spears „Social Living“ und „The Spirit“ von den Wailing Souls – alles Jahre alte riddims von ehemaligen Island-Schergen, deren Dub-Fasson ’82 etwas antiquiert erscheint. Die Rückseite macht dann jedoch schnell das Verlegenheits-Recycling wert. Allein dreimal Black Uhuru und als Zugabe die wundervollen Viceroys und Junior Delgado, der so unerbittlich auf die Tränendrüsen drücken kann, daß mir das Wasser auch noch bei rausgefilterter Stimme in die Augen schießt. Alle Dubs sind hier von Sly & Robby konzipiert und außer dem Viceroys-Titel, der mit Akzentverschiebungen und Tempodrosselung deformiert wurde, modifizieren die beiden den Ruß der Songs nur geringfügig. Die vorhandene Form wird lediglich durch wuchtige Stabilisatoren verdichet, nie auseinanderdividiert – essentieller Dancing Dub also, nicht ganz so gnadenlos auffrisiert wie beim jüngsten (GAMBLERS CHOICE)- Gericht, aber immer noch konzentriert genug, um Bombentrichter in jeden Hochtöner zu reißen. Bleibt unter dem Strich ein passables Dub-Kompendium, was man angesichts des vorhandenden Materials eigentlich voraussetzen konnte.
Voraussetzung für hochkarätigen Dub ist halt ganz einfach die Qualität der riddims, und genau hier hinken ÜB 40 immer noch meilenweit hinter der Norm her. Dabei ist der Re-Mix von PRESENT ARMS keineswegs als mißglückt zu bezeichnen. Die Band streut pedantisch und technisch kompetent ihre – allerdings recht abgegriffenen – Effekte, aber selbst die schönsten Gimmicks sind und bleiben sekundär. Entscheidend ist die Erkenntnis, daß die durchaus ansprechenden Melodien von PRESENT ARMS beim Dub-Treatrnent völlig auseinandergefleddert werden. Während Shakespeares Bassläufe den Rhythmus nicht punktieren, sondern den Nukleus des Songs bilden, um den die restlichen Zutaten herumgeschichtet werden, konterkariert ÜB 40-Tonangeber Earl Falconer die Melodie eher. Übrig bleibt eine etwas zerfahrene, konturenarme Routineangelegenheit. Raus aus der Quarantäne, ÜB 40, Dubbing is a Must, der Genius von UK-Weggefährten wie Michael Campbell, Jah Shaka oder Dennis Bovell wirft seine Schatten voraus!
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