Razorlight – Slipway Fires

Enttäuschte Erwartungen haben in der Rege! mehr mit dem Erwartenden zu tun als mit dem Objekt der Erwartung. Das weiß man nicht erst seit Giulia Siegels Auftritt im „Dschungelcamp“. Wenn jemand zum Beispiel The Killers scheiße findet, weil die keine „Indie-Band“ sind, kann das den Killers ziemlich egal sein, weil sie keine Indie-Band sein wollen. Es ist anzunehmen, dass für Razorlight das Gleiche gilt. Wenn sie nämlich eine Indie-Band sein wollten, würden sie seit ihrem zweiten Album RAZORLIGHT 2006 grundlegend etwas falsch machen. Also: Wer Razorlight vorwirft, sie seien zu wenig Indie, kann auch John Lee Hooker vorwerfen, er sei zu sehr Blues, oder sich wahlweise ein Loch ins Knie bohren. Ob Indie oder nicht – es dürfte erlaubt sein, eine Band, die mit dem Songformat zu arbeiten versucht, nach ihren Songs zu beurteilen. Das dritte Album SLIPWAY FIRES bedeutet nach RAZORLIGHT, das frei von Songs und jeglichem kreativen und künstlerischen Anspruch gewesen ist, eine kleine Aufwärtsentwicklung. Wir hören durchaus ambitionierten, teilweise pompös aufgeblasenen Jim-Steinman-Pop-Rock, manchmal mit nettem Country-Folk- („Hostage Of Love“) und Sixties-Pop-Einschlag („Tabloid Lover“). Und bei „60 Thompson“, einer reduziert shuffelnden Ballade, handelt es sich sogar um den besten Razorlight-Song seit Jahren. Trotzdem wird man das Gefühl nicht los, dass bei dieser um Harmonie heischenden Musik die neokonservativen Spießer als Zielgruppe anvisiert werden. Das ist alles nicht schlecht, aber „nicht schlecht“ reicht halt auch nicht unbedingt aus in einer Welt, in der alle Musik zu jeder Zeit verfügbar ist.

VÖ: 20.2.

www.razorlight.co.uk