Recoil – subHuman
Eigentlich dürfte sich Alan Wilder immer noch selbst in den Hintern beißen. Seine Entscheidung, Depeche Mode zu verlassen, um sich auf sein Soloprojekt Recoil zu versteifen, ist eine der kurzsichtigsten Aktionen der Musikgeschichte. Wilder hätte die bisherigen fünf Recoil-Alben problemlos zwischen den Tourneen und Studio-Sessions der Band aufnehmen können. Zum anderen sind sie so experimentell und unzugänglich, dass er davon auf Dauer kaum überleben kann. Was er mittlerweile auch begriffen zu haben scheint. Nicht umsonst hat er die letzten sechs Jahre damit verbracht, über Ausrichtung und Sinn seiner Musik zu grübeln. Das Resultat ist ein vermeintlich neuer Ansatz, der aber keiner ist. Denn was Wilder auf subHuman präsentiert, ist nicht mehr als eine Abwandlung dessen, was Moby bereits auf seinem ’99er Album Play praktiziert hat – sphärische Computer-Melodien, kombiniert mit Samples von alten Blues- und Gospel-Scheiben. Wilder macht im Grunde dasselbe, nur dass erden Gesang nicht aus der Retorte nimmt, sondern dafür Blues-Musiker Joe Richardson aus New Orleans engagiert hat. Der versieht die High-Tech-Beats mit kraftvollen Licks, einer rauen Gospel-Stimme und einer Harmonika. Was im Opener „Prey“ noch aufregend und gewagt wirkt, weil die düsteren, morbiden Maschinenklänge einen faszinierenden Gegensatz zur Leidenschaft des Blues bilden – und weil sich beide auf eigentümliche Weise ergänzen. Aber dann reizt Wilder die Masche zu sehr aus, weil er in nahezu jedem Stück dasselbe macht, sich mal auf ein paar nette Soundeffekte beschränkt, mal jazzige Elemente hinzufügt, Weltraum-Szenarien beschwört, aber insgesamt doch zu wenig Abwechslung zulässt. Einzig das instrumentale „intruders“ und der TripHop-Ausflug „The KillingGround“ fallen aus dem Rahmen. Letzteres ist eine Zusammenarbeit mit Sängerin Carla Trevaskis aus dem Portishead-Umfeld und erinnert an die frühen Massive Attack.
www.recoil.co.uk
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