Rialto – Night On Earth :: Pop

Aber ich lebe nur von den Zwischenräumen, hat ein deutscher Schriftsteller mal gesagt, und wenn wir das egozentristische Pathos subtrahieren, wird daraus ein Schuh für die Popmusik: Das Geld kommt aus den Charts, von den Wühltischen hohler Dutzendware. Aber leben und als Kunstform überleben kann der ganze Betrieb nur, weil es in den schattigen Zwischenräumen brodelt und brennt, weil dort die Liebe, die Träume, die Ideen wimmeln, die dem alten Dampfer Pop seine Aura verleihen. Kaum jemand verkörpert die Größe im Kleinen,den Stolz des Abseits so perfekt wie Louis Eliot, Jonny Bull, Julian Taylor und Pete Cuthbert, die aussehen, als hätte sie Brett Anderson an einem trüben Sonntagvormittag im Sektrausch erfunden, und ihre Band nach einer untergegangenen Kinokette benannten. Wir erinnern uns, dass es eine andere Band gibt, die auch mal Rialto heißen wollte, sich dann aber 1972 nach dem Konkurrenzunternehmen Roxy taufte. Das ist kein Zufall: Ersetzt man Bryan Ferrys weltmüde Ennui-Grandezza durch spätjugendlich-romantische Verzweiflung, dann ist es tatsächlich nur ein Katzensprung von Roxys Stranded-Phase zu Rialto; der Sprung einer Katze mit der Geschmeidigkeit der Pet Shop Boys, der Stimme des frühen David Bowie und dem Blick des jungen Morrissey. Rialto wissen, dass die wahre Empfindung ein Seiltanz zwischen Leere und Absolutheit ist, zwischen Ruinen und Hollywood-Pathos.Tatsächlich funktionieren ihre Songs wie gute (alte) Filme: Immer wieder schrauben sie sich von Moll zu abruptem Dur und nach kurzem Flug wieder zurück, und wenn sie in einem Happy End ausklingen, dann nicht ohne eine kleine Träne im Augenwinkel.

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