Rio Reiser – Himmel und Hölle
Der König meldet sich zurück. Und da die Zeiten für eine Pop-Monarchie immer noch nicht besser geworden sind, entdeckt er wieder seine proletarischen Wurzeln. Jahre nach dem Erfolg mit dem ‚König von Deutschland‘ ist Rio Reiser wieder auf der Suche nach einer neuen Identität. Und womöglich hat es ihn gewaltig gewurmt, daß RIO I zwar der erfolgreichste Rio war, den es je gegeben hat, doch in der Erinnerung zum Heiligen verklärt wurde nicht Rio, sondern seine Ex-Combo Ton Steine Scherben. Nun klingt Rio Reiser also tatsächlich wieder wie die guten alten Anarcho-Rocker. Doch die Rückbesinnung auf die rauhe 7Oer-Jahre-Szene ergibt nicht mehr als eine Fassade. Rio ist in Wirklichkeit so glatt und geschmeidig wie noch nie, und das nicht nur, weil er auf HIMMEL UND HÖLLE auch noch eine „Tatort-Melodie liefert (‚Träume‘), in dem er auch noch selbst die Hauptrolle gespielt hat. Es gibt hier also wieder abgelutschte Klassenkampfromantik (‚Streik‘) und eine richtige Scherben-Ballade mit fernöstlichem Instrumentarium (‚Eislied‘) aber leider auch jede Menge Gesülz, das Rio sich besser verkniffen hätte. Doch er holterdipoltert unverdrossen durch seine Weltverbesserungsreimereien, daß es nur so kracht: „Was ist gelogen und was ist wahr? Die ganze Welt ist in Gefahr!“ (aus ‚Irrlicht‘) oder .Hoffnung ist alles, was bleibt, Hoffnung, die die Kälte vertreibt. Hoffnung, daß die letzte Mauer fällt, Hoffnung ist das Licht der Welt“ (aus ‚Hoffnung‘). Für Rio bleibt das Ganze eine heikle Gratwanderung, bei der er nicht immer ganz die Balance halten kann. Doch er singt es ja selbst: ‚Ich will Gefahr von A bis 2‘. Musikalisch ist das spannend, textlich oft unter aller Sau.
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