Roedelius :: Wie das Wispern des Windes …

Piano Piano

Bureau B/Indigo

Klaviermusik: Ein Krautrock-Pionier wendet sich ab vom Seriellen

Irgendwann wird auch mal das Erforschen neuer Kontinente fad. So ging es wohl Hans-Joachim Roedelius, als er Mitte der Achtzigerjahre seine Projekte Harmonia und Cluster ruhen ließ und eine Reihe an Platten einspielte, die sich ganz auf das Klavier konzentrierten. Das erste Album dieser Phase erschien 1986. Auf Wie das Wispern des Windes … hört man Roedelius den Möglichkeiten des altehrwürdigen Instruments hinterher staunen. Er, der Elektronik-Pionier, entdeckt Neuland. So klingt es zumindest: Vorsichtig schlägt Roedelius die Tasten an, dann lässt er quasi versuchsweise ein paar Töne perlen, er tastet sich voran, im wahrsten Sinne des Wortes. Roedelius improvisiert und lässt das Klangbild seines Flügels völlig unbearbeitet, aber gerät doch immer wieder ins Serielle, als fühlte er sich zumindest strukturell seinen bisherigen, elektronischen Arbeiten noch verpflichtet. Erst auf Piano Piano, erschienen 1991, manifestiert sich diese, später wieder aufgehobene Abkehr von der elektronischen Musik tatsächlich durchgehend und konsequent. Nun trödelt Roedelius wie ein hoffnungsloser Schwärmer durch liebliche Klanglandschaften. Fast zärtlich streichelt er die Tasten, setzt auch hier meist nur einzelne Töne, aber lange nicht mehr so suchend und verloren. Seine freundlichen Melodien platziert er zwar unaufdringlich, aber wohlwissend in so karge wie watteweiche Hallräume. So fragil das Gebilde wirkt, so systematisch orientiert es sich an romantischen Idealen, ohne deren Kitsch zu reproduzieren. Die drei Bonus-Tracks, die der Wiederveröffentlichung von Piano Piano hinzugefügt sind, sprengen allerdings mit zusätzlichen Instrumenten die spartanische Versuchsanordnung. Not hätte das nicht getan.

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