Ruben Blades :: Hamburg, Fabrik

Wer schon 1985 zum „Jahr des Salsa“ erklären wollte, der darf sich auf einiges gefaßt machen. Nicht weniger als sieben Auftritte von Musikern aus der Latino-Szene New Yorks, aus der Karibik und Kolumbien stehen allein diesen Sommer in der Hamburger Fabrik an.

Für Ruben Blades mußte man sich die Karten im Vorverkauf sichern. Der singende Rechtsanwalt aus Panama gilt hierzulande als die Salsa-Attraktion. Und das, obwohl er Keyboardklänge den typischen Bläsersätzen vorzieht.

Warum also die enorme Popularität eines Sängers ohne große Ausstrahlung, dessen Musik nicht halb so mitreißt wie die eines Willie Colon. der den Jazz nicht so virtuos verarbeitet wie die Gruppe Irakere -— und der als Entertainer einem Tito Puente nicht bis zum Nabel reicht?

Natürlich kommt Ruben Blades hierzulande der „Rockpalast“ vom vergangenen Herbst zugute. Seine politisch engagierten Texte sichern ihm eine Sonderstellung, solange seine Kollegen lieber von Macho-Sorgen schmachten. Nicht nur der zahlreich erschienenen lateinamerikanischen Gemeinde im Elb-Exil gilt er als das „soziale Gewissen des Salsa“. Solch antiimperialistisches Flair gerät aber in ein merkwürdiges Licht, wenn Blades seine Ansagen lustlos dahinnuschelt -— halb spanisch, halb englisch.

Bleibt noch das Mittel schlechthin, um ein Konzertpublikum in den Griff zu bekommen: Vier der acht Mannen auf der Bühne liefern schieren Rhythmus. Selbst anfangs träge Songs geraten spätestens nach dem Intro in einen Sog, der die wenigen Sitzenden auf die Füße treibt und die eh schon Tanzenden nicht zur Ruhe kommen läßt.

Da fällt kaum ins Gewicht, daß der Sound trotz zweier Keyboarder (mit lieblos programmierten Klängen) abgespeckt wirkt. Da kann sich Pianist Oscar Hernandez schräge Jazz-Soli erlauben — es tut der Massenwirksamkeit keinen Abbruch, solange die afrocubanische Polyrhythmik gewahrt bleibt. All das ist -— bis auf höllische Einlagen an Timbales und Congas -— vergleichsweise blutarm, was aber nur eingefleischte Salsa-Freaks zu stören scheint.

Nach überlangen zweieinhalb Stunden ohne Pause empfinde ich den Reggae-Einschlag von „Muévete“ als angenehme Abwechslung. Und immer noch kein Ende -— als wären die „Seis de Solar“ eine alteingesessene und dennoch unersättlich spielfreudige Band — und nicht ein Septett erstklassiger Freelancer. den Ruben Blades von Zeit zu Zeit gut bezahlte Jobs anzubieten hat.

In der Regel sind Salsa-Bands auf der Bühne noch unterhaltsamer als ihre Studioeinspielungen. Ruben Blades kommt mit dem Studio besonders gut zu recht…