Rush – Hemispheres

Besonders bedauerlich ist immer, wenn eine Band, die wirklich was drauf hat, sich selbst ausverkauft. Obwohl Rush alias Geddy Lee (bg, voc), Neil Peart (dr, perc) und Alex Lifeson (g) als kanadische Heavy-Rocker firmieren, könnte man sie öfter anhören – wenn sie sich auf ihre offensichtlichen instrumentalen Talente und ihren Witz (Neal Pearts Breaks und Soli) beschränken würden. Auch in puncto Abwechslungsreichtum sind Rush solchen Unannehmlichkeiten wie Pat Travers oder den späten Bachmann Turner Overdrive einiges voraus. Aber: Die Band gaukelt gefährliche Tiefsinnigkeit vor. Sie schlägt bereits nach dem ersten Akkordwechsel etliche, meist historische Bücher auf und verpaßt dann ganz normalen Tonfolgen aberwitzige Texte in Operettenform. Songtitel: „Cygnus X-I Book II“ mit den Unterabteilungen „Prelude“ (macht sich immer gut), „Apollo – Bringer Of Wisdom“, „Dionysus – Bringer Of Love“ oder „Armageddon – The Battle Of Heart And Mind“. Die schlimmsten Leute sind jene, die vortäuschen, sie hätten den Sinn des Universums erfaßt oder seien zumindest kurz davor. Vorsicht vor solchen Rattenfängern, egal welcher Couleur!

Noch eine Story von Rush aus dem Stück „The Trees“: Die Ahorn-Bäume beschweren sich darüber, daß die Eichen ihnen aufgrund naturbedingter Vorherrschaft und Größe das Licht wegnehmen. Die Ahorn-Bäume gründen eine Gewerkschaft und verlangen gleiche Rechte für alle. Was sie besser unterlassen hätten, denn per Gesetz wird Gleichheit für alle in der Form vollzogen, daß Axt und Säge den Wald roden. Vor der hinter dieser Geschichte möglicherweise stehenden Rush-Ideologie graut mir.