Santana – 15 Re-Releases

Unglaubliche acht Trophäen heimste Carlos Santana bei der diesjährigen Crammy-Verleihung für sein Album SUPERNATURAL ein, einen neunten teilte er sich mit Eric Clapton. Ein solch grandioses „Comeback“ hätte dem Latino-Rock-Pionier niemand mehr zugetraut. Steckte der gebürtige Mexikaner doch nach einem glorreichen Start in den späten 6oern mit seiner Stilmixtur aus Latino-Drive, Urban-Blues und einer Prise Rock seit über zwei Dekaden in der Krise. 16 seiner Alben werden nun zum Mid-Price wiederaufgelegt. Am frischesten klang das multikulturelle Septett auf dem Erstlingswerk SANTANA 6 . Die brodelnden, polyrhythmischen Percussion-Feuerwerke und scharfgezirkelten Citarrenlicks zählten im Hippie-Idyll San Francisco 1969 zum Innovativsten, was die Ära zu bieten hatte. Als Treibhaus für spätere Klassiker wie „Evil Ways“, „Soul Sacrifice“ oder Jingo“ fungierte der Drogen vernebelte Stadtteil Haight Ashbury. Gefördert von Konzertimpresario Bill Graham kreierten Santana einen einzigartigen Livesound. Mit knapp 30-jähriger Verspätung erschien 1997 der fulminante Konzertmitschnitt LIVE AT THE FILLMORE 1968 5, der kantige Versionen von Songs des Debütalbums bis dato unveröffentlichtem Material gegenüberstellte. Das zweite Studiowerk ABRAXAS 4 entwickelte sich schon kurz nach Veröffentlichung zum Platin-Bestseller und tönte noch wesentlich stärker in der mittelamerikanischen Folklore verwurzelt: Psychedelische Exkursionen („Singing Minds, Crying Beasts“), Fleetwood Macs „Black Magic Woman/Gypsy Queen“ oder Titu Puentes Keyboard getriebene Latino-Hymne „Oye Como Va“ brachten das außergewöhnliche Konzept auf den Punkt. Allerdings fand sich auf dem Album auch erstmals seichtes Easy Listening wie der spätere Millionenhit „Samba Pa Ti“. Umso erstaunlicher, dass SANTANA III 5 wesentlich rauer und erdiger als die beiden Vorgänger geriet. Zaghafte Jazz-Fusion-Versuche kreuzten sich mit pulsierenden Latin-Rock-Rhythmus-Orgien. Mit zwei Neuzugängen, Gitarrist Neal Schon und Trommler Coke Escovedo, versuchte das Ensemble kommerziellen Verlockungen, Egotrips und Starruhm zu trotzen, brach aber nach den Aufnahmen auseinander. 1972 kehrte ein durch die Lehren des bengalischen Mystikers Sri Chinmoy spirituell geläuterter Carlos Santana mit neuer Besetzung (u.a. Leon Thomas, Airto Moreira) und den Jazz-Meditationen von CARAVANSERAI 4 zurück. „Eternal Caravan Of Reincarnation“ hieß nicht nur eine der überlangen Improvisationen, sondern auch das Motto, das die Fans in ein Sphärenklang-Nirvana lockte. Der sich nun „Devadip“ nennende Carlos kollaborierte mit Harfenistin Alice Coltrane, der Witwe des 1967 verstorbenen Jazzgotts John Coltrane, auf dem schwer erhältlichen ILLUMINATIONS 3 – ein Fall für Avantgarde-Puristen. Dank Chick Coreas Begleitgruppe Return To Forever gelang Santana dann 1974 mit den verspielten Jazzvarianten von BORBOLETTA 4 die Rückkehr ins Reich der Lebenden. Der singende Neuzugang Leon Patillo sorgte mit dem selbst komponierten „Mirage“ für den ersten Chartshit seit Jahren. Das luxuriös verpackte Triple-Vinyl „Lotus“ 3-nunein Doppelpack – präsentierte 1975 einen Konzertmittschnitt aus der Koseinenkin Hall, Osaka. Zurück zu seinen Wurzeln kehrte Santana ein Jahr später mit dem auf afrokubanische Rhythmustrukturen angelegten AMIGOS 4. Das nur wenige Monate später veröffentlichte FESTIVAL 2 kopierte das erfolgreiche Konzept von AMIGOS. Gleiches gilt für die Doppel-CD MOONFLOWER 2 – ein unausgegorener Versuch zwischen Jazz und Publikumsanbiederung. Bei den Best-Ofs und Box-Sets herrscht Licht und Schatten: Völlig überflüssig reiht SAMBA PA Tl 1 13 Balladen aus zwei Dekaden aneinander – nur für Kuschelrock-Fans. Ganz brauchbar sind hingegen die beiden Doppel-CDs VIVA! SANTANA! 3 und THE ULTIMATE COLLECTION 4 mit einem guten Repertoire-Querschnitt. Absoluter Spitzenreiter bleibt jedoch das chronologisch aufgebaute und hervorragend mit Info- und Fotomaterial ausgestattete Triple-CD-Set von 1995:THE DANCE OF THE RAINBOW SERPENT 6 . Essenzielle Albenauszüge, rare Singlesversionen, zwei Titel mit John Lee Hooker sowie diverse Studio-Outtakes (u.a. mit Weather Report, Larry Graham und Vernon „Living Colour“ Reid) dürften sowohl für Einsteiger, als auch für Santana-Connoisseure interessant sein, (mik)