Santana – Marathon
Schade! Noch bevor die Platte auf dem Teller rotiert, stellt man beim aufmerksamen Lesen der Liner-Notes fest, daß der hervorragende Sänger Greg Walker von „Inner Secrets“‚ wieder seinen Hut genommen hat. An seiner Stelle singt jetzt ein gewisser Alexander J. Ligertwood in der ichweißnichtwievielten Besetzung auf der 14. LP der Santana-Band. Trotzdem haben sich Gruppe und Konzept immer noch gehalten. Und was sich auf „Inner Secrets“ als Umleitungsschild in Richtung Rock ankündigte, ist jetzt eine ausgebaute Landstraße. Immerhin genießt die Gruppe inzwischen dadurch auch in den USA ein gehöriges Ansehen, nachdem die Band in Deutschland lange Zeit ein besserer Verkaufer war als in den Staaten.
Die Aufgliederung der LP ist perfekt. Ein paar Takte Latin erinnern noch an alte Santana-Tage aus der Woodstock-Zeit, treibender, zum Teil fast schwerer Rock repräsentiert Santana 1979. Dazwischen liegen reizvolle Instrumentals, die sehr durchsichtig arrangiert sind und somit viel Ruhe ausstrahlen. Klang erzeugt oft Ruhe. Hier besonders! Wenn man gehässig sein möchte, könnte man sagen, daß Santana ein bißchen bei Journey reingeschnuppert hat. was Rock betrifft. Gehässig deswegen, weil die beiden Journey-Macher Gregg Rolie und Neil Schon einst Mitglieder in der ersten Santana-Besetzung waren.
Rundum ist „Marathon“ eine Platte mit viel Abwechslung und musikalischer Potenz. Was aber auch hier wieder herausragt, ist der Sänger. Denn Ligertwood steht seinem Vorgänger in nichts nach. Er singt mit derselben Lässigkeit und Virtuosität, hat einen ungeheuren Stimmenumfang und liegt ausdrucksmäßig sogar noch ein bißchen weiter vorne. Es sieht so aus, als ob dem Meister und seinen Männern selbst nach über einem Dutzend LPs die Ideen nicht ausgehen können, weil durch Personenwechsel immer wieder neue Inspirationen kommen. Vielleicht wechselt Carlos genauso bewußt wie Manfred Mann…