Screamin‘ Jay Hawkins – Frenzy

Im letzten Jahr brachte ihn ein Film (wieder) an den Tag: den unwiderstehlichen Songklassiker „I Put A Spell On You“, geschrieben/gesungen/gespielt von Jalacy Hawkins. Der New Yorker Filmregisseur Jim Jarmusch. einst Gründer der Band The Del-Byzanteens. hatte den ver-rückten Song in seiner Komödie „Stranger Than Paradise“ verwendet- einem banal-naiven Märchen über ein ungarisches Mädchen, das in Amerika mit zwei unmodernen/tollpatschigen Typen herumturnt.

„Ursprünglich schrieb ich den Song, weil ich mit einem Mädchen ausging, das nichts von mir wissen wollte. Ich wollte sie umstimmen – und komponierte deshalb diesen Song“, sagte Screamin‘ Jay Hawkins im August des Jahres 1973.

Geschrieben wurde diese Hymne mit den bizarren Vokal-Halluzinationen bereits 1952; es war anfangs eine süßliche Ballade, die Hawkins auf dem Philadelphia-Label „Grand“ veröffentlichte – ohne nennenswerte Resonanz. Der Chef der Plattenfirma Columbia hörte das seltsame Stück, das ihm aber zu brav erschien; er meinte, man müsse da noch etwas Rüdes hinzumischen.

Also verfrachtete Label-Boß Arnold Makson seine Neuerwerbung ins Studio – mit einem Sack voller Alkoholika. Total betrunken spielten Jay und seine Band (darunter LeRoy Kirkland und Sam Taylor) eine neue „Spell“-Version ein – mit all den Grunzlauten, die Betrunkene gewöhnlich von sich geben.

Als diese Version 1956 auf dem Columbia-Ableger „Okeh“ erschien, liefen die Puritaner Amok: Aufgrund der kannibalistischen Stimmenexzesse weigerten sich die Radiostationen in Amerika. „Spell“ zu spielen. Und in den Städten, die Jay mit seinen Auftritten beglückte (er trat mit Sarg, Schädelknochen und Schlangen auf), konnte man besorgte Eltern sehen, die Transparente mit der Aufschrift trugen:“.Wir wollen nicht, daß sich unsere Töchter Screamin‘ Jay Hawkins ansehen. “ ~ Eine halbe Million Platten gingen dennoch über den Ladentisch – und von den Animals über Creedence Clearwater Revival bis zu Nina Simone versuchten sich zahlreiche Musiker an einer Cover-Version. Auch Jay selbst nahm das Stück später noch einige Male in anderen Versionen auf.

FRENZY präsentiert „Spell“ in seiner „betrunkenen“ „Okeh“-Fassung; auch die anderen Rock’n-‚Roll-Songs dieser LP wurden für das „Okeh“-Label aufgenommen. Screamin‘ Jay (geboren 1919 in Cleveland/Ohio) spielt dabei Piano und Saxofon und singt so „out-of-his-head“. daß man um seinen Verstand fürchtet.

„Alligator Wine“ ist ein purer Urwald-Blues, der das Toastbrot im Ofen gefrieren läßt; dagegen swmgt das liebliche „I Love Paris“ im orchestralen Frank Sinatra-Stil. Mit einem dämonischen Saxofon, das vom großen Meister Captain Beefheart kommen könnte, beginnt der rüttelnde Blues-Shuffle „Hong Kong“, bei dem Hawkins wieder seine un-sinnigen Vokalausritte unternimmt.

Screamin Jay. der nach dem Motto handelt: „Man muß das Unerwartete tun. um Eindruck zu hinterlassen“, liegt mit seinem 50er-Rockn’Roll in der Manie eines Little Richard. FRENZY liefert den Stoff, aus dem Gruppen wie die Cramps und Birthday Party später ihre Träume von Leidenschaft und Rock’n-‚Roll machten.