Sham 69 – The Game
„Livin everyday in a no man’s land/never wanted to lend a hand/everybody’s on their own/we’re livin ‚in a human zoo/the animals and me and you… no point of view…“ (‚Human Zoo‘).
Sham-Mastermind Jimmy, Big Mouth‘ Pursey hat seine Truppe reaktiviert. „Im Interesse der Öffentlichkeit“, ließ er unlängst verlauten, aber die Kids scheinen ihn tatsächlich zu brauchen. Sham 69 galten als wahre Erben des ideologischen ‚Working Class‘-Gedankenguts, als Initiatoren der zweiten Skinhead-Generalion. Aber bereits ihre frühen Gigs zogen verstärkt rechtsextreme Elemente an, Faschisten, Schläger, politisch Orientierungslose. Die „sham Army“ missinterpretierte die idealistischen Vorstellungen ihres Chefideologen, nahm den „Cockney Cowboy“ allzu wörtlich. Die Hallen, in denen Sham 69 auftragen, verwandelten sich binnen kürzester Zeit in wahre Schlachtfelder. Auftritts verböte waren die Unweigerliche Folge. Pursev gab auf. Und kam wieder.
Um kurzdarauf desillusioniert die Flinte ein weiteres Mal ins Korn zu werfen. Nun ließ er sich zu einem neuerlichen Comeback breitschlagen. Aber er hat viel von seiner einstigen Glaubwürdigkeit eingebüßt. „If the Kids were united…“ Ja, wenn… Aber sie sind es nun eben mal nicht, und das scheint Pursey zu irritieren. THE GAME wirkt über weite Strecken orientierungslos. Pursey verrennt sich immer mehr in seinen Jesse James Outlaw-Mythos, scheint gedanklich heute eher in Dogde City beheimatet, als bei den „Hershaw Boys“.
Der entsetzliche Coverkitsch ihres letzten Albums, das die Jungs in Wild West-Montur präsentierte, und solche Trivial-Arien wie „Simon“ oder „Poor Cow“ auf THE GAME, die durch Bottleneek-Gitarre und säuselnde Violinen klänge Lagerfeuer-Romantik aufkommen lassen, sind kaum mehr zu verzeihende Geschmackverirrungen. Da haben sich einstige Pursey-Clones wie die Cockney Rejects oder Mensis Angelic Upstarts schon eher den Bezug zu den Kids erhalten können. Aber der Interpretation von West Hams Vereinshymne (Blue is the colour, football is the game) können die Skins eben eher folgen, als Purseys symbolischen Exkursionen ins vergangene Jahrhundert. Shams GAME hat allerdings, trotz erwähnter Stilbrüche, auch einige überzeugende Nummern aufzuweisen. „The Game“. „Human Zoo“, oder das dynamische „Give A Dog Bone (And Leave Him Alone)“, knüpfen nahtlos an die leidenschaftliche Intensität ihres Meisterwerks THATS LIFE an. Wie jedoch bereits das überflüssige Live-Doppelalbum verdeutlichte, kommt die Band anscheinend heute nicht mehr ohne abgedroschene Heavy Metal Anleihen aus – das Intro von „In And Out“ könnte glatt von Black Sabbath sein. THE GAME ist eine uneinheitliche Angelegenheit, Sham ist definitiv in einer Sackgasse gelandet. Ich bin gespannt, ob Purseys angekündigtes Solo-Album Alternativen offenbart.
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