Shawn Lee – Soul Visa

Warum ist dieser Mann noch nicht landläufig bekannt? Vor sechs Jahren erschien monkey boy. Shawn Lees bisher einziges hierzulande wahrgenommenes Album. Sonst ist der Multiinstrumentalist und Sänger gern gesehener Gast bei Aufnahmen anderer Musiker und tüftelt an Tracks für sein Nebenprojekt Ping Pong Orchestra und an Film-Soundtracks. Zwischendurch beglückte er sein treues Publikum in Japan vor zwei Jahren mit diesem Album, das erst jetzt weltweit erscheint. Die Japaner hatten ja schon immer ein Faible für geschmackvollen Retro-Pop, wie ihn Lee hier fast in Formvollendung vorführt. Seine großartige sonore Stimme erinnert an Engelbert Humperdinck, die Streicher an den Soul aus Philadelphia und die entspannte Grundstimmung an Zero 7. Erstaunlich, dass Lee fast alles im Alleingang erledigt hat. Er spielte alle Instrumente selbst und schrieb fast das gesamte Material in Eigenregie. Einzige Ausnahme ist eine Version des wunderbaren“.Wichita Lineman“ von Glen Campbell, mit der Lee seine amerikanische Heimatstadt im Bundesstaat Kansas grüßt. Mit soul Visa kommt er eigentlich zehn Jahre zu spät, denn ein Easy-Listening-Revival hat es schon gegeben. Das aber hatte nicht so viel Soul wie jenes, das Lee vorschwebt. Und die Songs sind zeitlose Prachtexemplare. Bei“.Any Kind Of Fool“ denkt man unweigerlich an Burt Bacharach/Hal David, bei“.Peculiar Times“ an Terry Callier. Manches geht in die Nähe von Lenny Kravitz, wenn man sich einmal dessen Machogehabe wegdenkt. Alles vorzeigbare Einflüsse, aus denen Lee sehr viel herausholt. Das Resultat ist eine Platte, mit der sich die romantischen und gemütlichen Momente des Lebens noch ein wenig angenehmer anfühlen als ohnehin schon.

www.shawnlee.net