Sid Hillman Quartet – Tercero

Skepsis ist der Anfang des Glaubens. Ist Oscar Wilde mal eingefallen. Und steht, auf die musikalische Sozialisation des Autors angewandt, für die volle Wahrheit. Weil bisher in 99.9 Prozent aller Musikfälle, in denen auch nur jazzige Einsprengsel drin sind, galt: nix wie weg. Und dann das. In tercero. dem dritten Album des Sid Hillman Quartetts, ist Jazz drin, in allen zehn Stücken. Immer wieder sind’s dezent atonale, leichte Schrägö-Sequenzen, die den Ich-kann-aber-besser-spielen-Musikanten Hillmann als Bescheidwisser ausweisen. Das ist so. aber nur insofern von Belang, dass Hillman und seine Band die ganze Angelegenheit extrem gut dosieren: Grundlage des Albums ist ein folkiges Kuschelsofa, Americana, ganz große Gefühle, ganz große Weite, Country-Nussecken: kommt alles vor. Und zwar derart schön, dass die jazzigen Kissen mit Kniff in der Mitte nicht unangenehm auffallen, sondern als integraler Teil des großen Ganzen richtig stimmig klingen. Das Sid Hillmann Quartet hat auf TERCERO nicht alle Zeit der Welt, aber extrem viel Ruhe weg. Rumlungern, konzentriert an die Decke respektive die gegenüberliegende Wand gucken, die Gedanken an der langen Leine Gassi gehen lassen: kann alles passieren. Am schönsten gelingt das in „Los Angeles“, einer Hassliebeserklärung an die Stadt der Engel. Es gilt: aber hier leben, ja trotzdem. Selbstverständlich mit serienmäßig eingebauter Schmachtfetzen-Mariachi-Trompete, zu der auch Calexicos Martin Wenk wohlwollend die Wangen aufplustern würde. Schade, dass Oscar Wilde TERCERO aus nachvollziehbaren Gründen niemals hören wird. Er hätte es verdient gehabt.

VÖ: 7.2.

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