Pop: Das Nostalgieereignis des Jahres – weitgehend unpeinlich, immer sympathisch, mitunter bewegend.

Seit Paul Simon und Art Garfunkel anlässlich der Grammy-Verleihung 2002 öffentlich die bisher längste und letzte Eiszeit in ihrer seit mehr als 40 Jahren komplizierten Freundschaft beendet und eine ausgiebige gemeinsame Welttournee angekündigt hatten, brauchte niemand Zweifel daran hegen, dass ihre Konzerte irgend etwas anderes sein sollten als ein wehmütiger Tribut an eine längst vergangene Ära. Die in zwei Sommern erst in den USA. dann in Europa vor zum Teil riesigen Zuschauermassen über die Bühnen gegangene Konzertserie zeigte die beiden sieht- und hörbar gealtert, aber eben auch so weit gereift, dass sie ein solches Mega-Unternehmen mittlerweile offenbar ohne große Zerwürfnisse durchstehen können. Ihre Stimmen haben einzeln mittlerweile etwas Patina angesetzt, entfalten zusammen aber noch immer ihren einzigartigen Zauber. Und Simons Songs [von denen im Konzertteil hier immerhin 26 gespielt werden) haben zwar wenig mit dem zu tun, was heute in der relevanten Popmusik passiert, klingen aber mit wenigen Ausnahmen („Hazy Shade Of Winter“, „At The Zoo“) eher wie aus einer (besseren) anderen Welt als aus einer anderen Zeit. Vor allem, wenn sich die [an sich kompetente) Band klug im Hintergrund hält. Die beiden Konzertein New Jersey und im Madison Square Garden, die für diese DVD optisch aufwendig mitgeschnitten wurden, sind naturgemäß Heimspiele für die beiden Herren aus dem New Yorker Stadtteil Queens – vor allem Garfunkel badet mit Wonne in der Zuneigung des altersmäßig durchaus gemischten Publikums. Das Gastspiel der Everly Brothers in der Mitte des Sets trägt nicht unerheblich dazu bei, dass man mit fortschreitender Dauer des Konzertteils die Falten und das gelichtete Haupthaar der beiden Gastgeber immer weniger wahrnimmt. Und so addiert sich das Ganze fast zu einem Lehrbeispiel dafür, wie man auf der Popbühne in Würde altern kann. In der Bonussektion findet sich neben der üblichen Fotogalerie und einem unspektakulären neuen Song („Citizen Of The Planet“) ein echtes Schmankerl: gut 20 Minuten Behind-The Scenes-Bilder aus einem TV-Spezial von 1970.