Singles
von Albert Koch I Warum eigentlich? Irgendwie hat man Cabaret Vol taire nie so richtig auf der Rechnung, wenn es um Elektrolnikl-Pionier- und Großtaten um 1979/ 80 herum geht. Zu Unrecht, wie die Wiederveröffentlichung der ’79er-Single“.Nag Nag Nag“ iNovamute/Virgin) der Elektro-Pioniere und Grofitäter aus Sheffield beweist. Hier gibt’s das großartige flirrende Proto-Industrial-Stück im Original und drei Remixen. Wobei Roland H. Kirks eigener Remix der Gewinner ist, als Überantwortung eines ohnehin zeitlosen Originals in die Jetztzeit. Geht sowas überhaupt?
Was überhaupt nicht geht, sind diese ganzen Jungen mit der Gitarre und ohne, diese Peterlichts und auch Flash 8> Gordon. Eine Single, aber dann ist auch schon gut. Pseudo-dadaistische, schüttelreimende, sehnsüchtelnde Texte ummantelt von neue-deutsche-welligen Elektrosounds. Abifeier- und heimlichauf-dem-Kto-rauchen-Musik für Adoleszente, die es noch nicht einmal zum Shoegazer gebracht haben. Gut für einen Sommertanz. Genauso ist“.Ich denk nicht immer“ IMotor/Universall.
Da haben die Kollegen aus England wohl wieder einmal eine Entwicklung gründlich verpennt. The Kills, ein Duo (Mann-Frau) aus London, haben mit der „Black Rooster E.P.‘ (Domino/Zomba) bereits einen – zum Mitschreiben: e-in-e-n – Tonträger draußen, aber immer noch keine Titelgeschichte auf der Habenseite. Dabei sind The Kills doch die White Stripes dieses Monats. Schrammelrockender LoFi-Noise-Core irgendwo zwischen Velvet Underground und Boss Hog. Außerdem covern die beiden den „Dropout Boogie“ von Captain Beefheart. Und das verdient R-e-s-p-e-c-t.
) Adina Howard (of-..Freak Like Me“-fame) hat’s auf dem I Cover ihres ersten Albums I vorgemacht: ihren Hintern tii die Kamera gehalten, woraufhin die Selbstzensoren ihrer amerikanischen Plattenfirma gleich einen seeeeehr breiten Aufkleber darauf befestigt haben. Der Arsch unter dem Sticker war als Androhung zu erwartender „Explicit Lyrics“ zu verstehen, die dann auch [Achtung, gleich folgt ein Wortspiel!] gekommen sind. Khia hält auf dem Cover von „My Neck. My Back ILick It)“ [Epic/Sony Musici auch ihr Hinterteil in die Kamera und fordert auf der zugehörigen CD kinderrappend zu gar nicht mal so unschicken Elektro-Sounds dazu auf, ihre diversen Körperfalten mit der Zunge zu stimulieren. Da wollen wir mal ganz schnell rot anlaufen und zwanglos überleiten zu 1 Ms Dynamite. Die“.Lauryn Hill aus England‘, die bürgerlich Niomi heißt, macht I zwar auch Kinder-HipHop, aber die Musik auf „Dy-Na-Mi-Tee (Polydor/Universall hat einen so schnuckeligen Easy Listening-Appeal. ihre Stimme einen so süüüüüßen Kieks und die Sängerin selber einen derart hohen Anspruch an ihre Kunst, dass wir Ms Dynamite hier den Platz einräumen, den sie verdient: „Ich möchte einfach, dass die Leute nachdenken „.
Möchten wir auch. Das holländische Supermodel Karen Mulder zum Beispiel sollte einmal darüber nachdenken, ob es eine so gute Idee war, eine Single aufzunehmen. Mulder covert ,.l Am What I Am“ (EGP/Epic/Sony Musici, Gloria Gaynors“.Ein Käfig voller Narren‘-Lied von 1984. Anstatt umständlich zu erklären, dass dieses holländische Supermodel über eine durchaus fürchterliche Gesangsstimme verfügt, versuchen wir’s lieber mit einem Vergleich, der statthaft und frauenunfeindlich zugleich ist, weil wir es doch mit jemanden zu tun haben, der sein Geld vornehmlich mit seinem Aussehen verdient. Also: Wenn ein anerkannt unumstrittender Alltime-Greatest-Hyper-Song wie „Good Vibrations“ von den Beach Boys die Karen Mulder des amerikanischen Songbooks ist, dann ist „I Am What I Am“ die Angela Merkel der Coverversionen. Haben wir uns verstanden?
„Hi Freaks!“ (LÄge DOr/Rough Trade/Zomba], den fluffigen, heimlichen Hit des diesjährigen Tocotronic-Albums, gibt’s jetzt als Single in zwei Konfigurationen mit allerlei Remix-Scheiß auf der (limitierten) „Maxi-CD 2“ (Time And Tide, DJ Rabauke, Superpitcher, Martini Bros) und – die Tocotronic-Fans in Zimmer 301 haben sich bereits im Vorfeld deswegen die Höschen nassgemacht – den Coverversionen von Turbonegros „Sailor Man“, Fucks „22 No“ und „Stories“ von The Minutemen auf CD 1. Dirk von Lowtzow als eider statesman der Hamburger Schule im abgebremsten Norweger-lndie-SloCore-Post-Punk-Taumel. Wenn das mal keine Klasse hat. Und: Was würde wohl Karen Mulder, das singende holländische Supermodel, dazu sagen?
„Same think it’s noise. I think it’s pretty .
Der Kehlkopf schwillt, gutturale Laute, Stones-Riffs, Boom-Tschak-Schlagzeug, gurgelgurgelgurgel: Westernhagen „Es ist an der Zeit“ (WEA). Der Künstler auf dem Cover als zorniger, mittelalter Punk in Jeans, mit Nietengürtel und Sonnenbrille. Jemand muss Westernhagen gesagt haben, dass The Strokes gut sind. Westernhagen hat etwas zu sagen: „Im Westen nichts Neues“, „und wenn du gehst, gehst du alleine“, „Langeweile macht dumm „, „Es gibt nichts zu bereuen „,“.das mit der Liebe kannst du knicken „, „du hast mir geschrieben“. Westernhagen geht seinen Weg. Westernhagen lässt sich nicht verbiegen. Westernhagen spielt mittlerweile in seiner eigenen Liga, der Westernhagen-Liga. Westernhagen ist ein Markenzeichen. Nur Grönemeyer verkauft mehr Platten als Westernhagen. Es ist an der Zeit, für heute Schluss zu machen.
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