Slade – Sechs Re-Releases

Hörenswertes aus der „Großen Depression“ der Clamrocker.

Dass es mal schlechter läuft, gehört zum Popgeschäft dazu (es könnte sonst ja auch nicht besser laufen). Aber es kommt auf die Fallhöhe an: Der Absturz, den die Hitparadenkaiser Slade in den Jahren 1975 bis 1980 erlebten, war und bleibt einmalig und ohne Vergleich. Nach 16 (!) Top-3-Hits in drei Jahren kam Ende 1974 ihr Spielfilm „Flame“ in die Kinos -er gilt heute als der wohl beste Rockfilm überhaupt, war jedoch ein grandioser Flop, und mit dem Soundtrackalbum begann die Rutschpartie in den Charts. Produzent/Manager Chas Chandler meinte, die Band habe statt Fans nun Kritiker im Visier gehabt; das ist nicht ganz falsch. Es ist aber halt auch nicht leicht, einen Bombenohrwurm nach dem anderen aus dem Ärmel zu schütteln, zumal die Ohren zweifellos übersättigt waren. 1975 gingen Slade in die USA; der Versuch, dort Fußzu fassen, scheiterte kläglich, und die britischen Fans wandten sich derweil anderem zu. Nach der Rückkehr 1977 wurden auch kleinere Hallen nicht mehr richtig voll, dann kam überhaupt keine Tour mehr zustande, die Platten fanden keinen Weg in die Charts. Polydor ließ den Vertrag auslaufen, und Slade kehrten in die Dorfbeizen und Freizeitheime zurück, wo im Sommer 1966 alles angefangen hatte. Der Tiefstpunkt war die liebevoll produzierte, discoangehauchte Single „Rock’n’Roll Bolero“ (1978): Die meisten der 5000 Exemplare wurden zwecks Recycling eingeschmolzen. Dass Slade (von denen damals keiner älter war als Mitte 20, was die Sache nicht einfacher machte) auf dem Label von Jim Leas Bruder(Cheapskate)weiterhin Platten produzierten, warwenigerein Ausdruck von Optimismus als pure Sturheit—die Öffentlichkeit bekam nichts davon mit. 1980 hatte Dave Hill die Nase voll und stieg aus, um fürderhin davon zu leben, seinen Rolls-Royce für Hochzeiten zu vermieten. Ein paar Tage darauf sagte Ozzy Osbourne kurzfristig seinen Auftritt beim Reading-Festival ab, Chandler überredete Hill zur Rückkehr, Slade sprangen ein und waren mit einem gewaltigen Rumms wieder da (die meisten der Hingerissenen glaubten, eine völlig neue Sensationsband zu entdecken). Die Platten aus der Zeit der „Großen Depression“ sind allesamt hörenswert, angefangen mit slade in Flame, einer ziemlich extremen Mischung aus gewaltigen Orchesterarrangements, Bretter-Rock, Knall-Funk und Uptempo-Balladen wie.. FarFarAway“ und „Summer Song (Wishing You Were Here)“. nobody’s fools (1976) zeigt Slade bei dem Versuch, eine amerikanische Mainstreamrockband zu werden – ein solides, sympathisches Album ohne große Höhepunkte. Mit whatever happened to slade! aus dem Jahr 1977 kehrten die vier zu ihren Black-Country-Wurzeln zurück und rockten mit einer Wucht. Dynamik, Dichte und Souveränität, dass es einem heute noch die Sprache verschlägt, hetubn to base (1979) war ein trotziges Aufbäumen, geriet aber erstaunlich fröhlich und bildete mit einigen der Flopsingles aus jenen Jahren die Grundlage der Comebackplatte we’ll bring the house down (1981), die als Partykracher mit besinnlichen Passagen konkurrenzlos bleibt. Das eher durchschnittliche Hardrockalbum TiLL deaf do us part (1982) war fürs „NewMetar-Publikum gedacht, schaffte es mangels Substanz aber nicht in die Top 40, und damit schien das Slade-Revival schon wieder vorbei bis sich ein jahr später mit „My Oh My“ erneut alles umdrehte.»>www.crazeeworld.plus.com