Soulsville U.S.A. – The Story of Stax Records

In einer Zeit, in der im Bereich der Schwarzen Musik fast ausschließlich „samples“ und „excerpts“ entscheidend für den Charakter ganzer Musikstücke sind, tut es immer wieder einmal Not, an die Herkunft all dieser Versatzstücke zu erinnern. Rob Bowman hat da wichtige Arbeit geleistet. Er erzählt die Geschichte vom Aufstieg, dem phänomenalen Erfolg, aber auch dem Niedergang von Stax Records, dem wegweisenden Soul-Label aus Memphis (1957-1975). Im Zentrum stehen die Akteure – Musiker, Produzenten, Geschäftsleute. In einer Fülle von Interviews, die zwischen 1985 und 1997 geführt wurden, wird deutlich, wie unterschiedlich die Blickwinkel auf dieselben Ereignisse der Zeit sein können. Diese subjektive Seite verbindet Bowman mit gründlich recherchierten Fakten, Hintergrundinformationen und sogar anschaulichen Analysen einzelner epochaler Songs. Der Lesefluss wird durch die lose Verknüpfung so heterogener Zutaten angenehm aufgelockert, allerdings – wenn es etwa immer wieder unvermittelt um die längere Schilderung von finanziellen Transaktionen oder Vertragsverhandlungen geht – stellenweise auch unangenehm gebremst. Für nicht oder nur peripher mit der Materie Befasste wäre zudem eine beigefügte Zeittafel eine große Hilfe gewesen. Im Ganzen aber ist Bowman seine ganz spezifische Art der analytischen Geschichtsschreibung gut gelungen; er versteht die Historie von innen heraus, und dieses Verständnis wird ihm von Zeitzeugen bestätigt. So bietet das Buch einen umfassenden Blick auf das zunächst so familiär betriebene Label, das neben der Veröffentlichung all der klassischen Aufnahmen von Otis Redding, Sam & Dave, Isaac Hayes oder den Staple Singers dann Ende der60er, Anfang der 70er mit Kontakten zu Rev. Jesse Jackson und mit der Organisation und Durchführung des epochemachenden Wattstax-Festivals eine führende Rolle in der Entwicklung eines „schwarzen “ Selbstbewusstsems in den USA spielte und das letztendlich einerseits in den Mühlen der Bürokratie großer Vertriebsfirmen und Banken zerrieben wurde, andererseits an der eigenen Unmäßigkeit zerbrach. Und dann ist da natürlich noch der bereits erwähnte Stellenwert des Buches für uns heute. Der tiefere Sinn von Aussagen wie „Yo! Motherfucker“ sei dahingestellt, aber das Phänomen ihrer Wirkung und Allgegenwart lässt sich mit Rückgriffen bis zu AI Beils „burn, baby, burn“ besser verstehen.