Stan Ridgway, Hamburg, Markthalle
Der kräftigst gerührten NDR-Werbetrommel dürfte es Stan Ridgway zu verdanken haben, daß er, trotz Ferienzeit, extrem kurzfristiger Ankündigung und Konzert-Konkurrenz (die Lounge Lizards in der Fabrik), doch noch eine ansehnlich gefüllte Markthalle vorfand. Recht so: Nach einem Album wie THE BIG HEAT hat es der frühere Kopf der kalifornischen Kultgruppe Wall Of Voodoo nicht verdient, sein Programm vor einem verlorenen Häuflein aus eingeschworenen Fans und Gästeliste-Inventar absolvieren zu müssen.
Doch war er zu Recht herniedergeprasselt, der Vorschußlorbeer-Schauer!? Nein, enttäuscht ging ich nicht, mit leuchtenden Augen allerdings auch nicht. Mr. Ridgway beschritt vielmehr den goldenen (?) Mittelweg, der gemeinhin als „netter, unterhaltsamer Abend“ annonciert wird.
Natürlich hatte Stan ein Backing-Aufgebot bestellt, ein Quintett, das seiner Aufgabe unspektakulär gerecht wurde — der Gitarrist durfte, gottlob, nur sporadisch andeuten, daß er sämtliche Feedback-Seminare mit Bravour absolviert hat.
Instrumentaler Pflichten so weitestgehend entledigt (nur zweimal griff er selbst zur Gitarre), konnte Ridgway in die Rolle des theatralischen Vorturners schlüpfen. Das war mitunter amüsant anzusehen, wie er wild gestikulierend den Mann, der gute Geschichten erzählt, mimte, wirkte streckenweise aber auch deplaziert.
Und was hat er gespielt? Natürlich das gesamte BIG HEAT-Material, wobei besonders „Walkin‘ Home Alone“ und, zum Schluß des regulären Sets, ein furioses „Drive She Said“ eine gute Figur machten; der „Salesman“ dagegen stolperte, zu Ehren des Drummers, auf einem bröckligen Swing-Fundament umher. Weiterhin im Programm wenige ausgewählte Wall Of Voodoo-Überreste (wunderbar „Lost Weekend“), „Don’t Box Me In“ (Ridgways Soundtrack-Beitrag zum Film „Rumblefish“) und, als weiterer Höhepunkt in der ersten von zwei Zugaben, Kurt Weills „Cannon Song“. Ist doch immer wieder ein feiner Zug, wenn die ach so kulturlosen Amis uns eine kleine Deutsch-Lektion erteilen. Hier paßten dann auch Ridgways schauspielerische Anwandlungen.
Fazit: Stan darf wiederkommen. Geht alles glatt, soll er uns schon im nahenden Herbst noch einmal und flächendeckender beehren.
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