Steve Forbert – Little Stevie Orbit

Lieber Werner, eben hast Du mich aus Berlin angerufen, um mir zu erzählen, daß die neue Steve Forbert LP seine beste LP überhaupt und die beste L? des Jahres 1980 bisher sei. Nach soviel Lob war ich zunächst erst einmal sehr skeptisch und habe die Platte x-mal gespielt, ehe ich den Stift in die Hand genommen habe. Dabei bin ich zu dem Schluß gekommen, daß LSO zwar eine starke Platte ist, doch an sein Debüt ALIVE ON ARRIVAL nicht herankommt. Ich weiß. Du wirst jetzt den Kopf schütteln und mehrmals ,Ach was‘ blubbern, doch ich habe mehrere Gründe für meine Einschätzung. Als erstes ist mir negativ aufgefallen, daß von Stevies schönem Mundharmonica-und akustischem Gitarrespiel nicht mehr soviel wie auf AAO zu hören ist. Dabei hatte die unprätentiöse Produktion so gut zu Stevies rauchiger Stimme gepaßt. Aber die Wende zum Aufwendigeren zeigte sich ja schon auf JACK-RABBIT SLIM sehr deutlich. Das soll jetzt weißgott nicht heißen, daß diese Platte bombastisch produziert ist. Außer den scheußlichen, erdrückenden Streichern in „One More Glass Of Beer“ klingt auch sie sehr verhalten und recht einfach. Doch zur Zeit von AAO war es halt noch einfacher und noch schöner.

Ansonsten habe ich nichts weiter auszusetzen, denn alle dreizehn Songs haben den speziellen Steve Forbert-Touch: Es geht zwar kein Stück so richtig los, doch wenn es um relaxte Ausstrahlung geht, dann mischt Stevie ganz oben mit. Besonders gut gefallen mir „Song For Katrina“ und „Song For Carmelita“, weil sie genauso gut auch von AAO stammen könnten, das witzige „Schoolgirl“ wegen der Fiddle und ganz besonders die starke Ballade „Cellophane City“ mit duftem Zusammenspiel von Saxophon und Piano. Die CBS scheint leider nicht zu wissen, daß Steve Forbert ganz gute Texte macht, denn sie hat sie nicht abgedruckt. Naja, Alter, die beste Platte des Jahres ist es sicher nicht, doch die Relax-Platte des Monats ist sie schon eher und für einen musikalischen Softie wie Dich, kann sie auch zum Allerbesten gehören. So long, Dein Tom.