Tangerine Dream – Exit

Die Besetzung Froese/Franke/ Schmoelling hat sich stabilisiert, nach den turbulenten spätsiebziger Jahren hat Tangerine Dream wieder künstlerisch und personell eine klare Linie gefunden. Die Dominanz der S ynthesizer, die vor drei Jahren auf der LP CYCLONE eingeschränkt worden war, ist zurückgekehrt, TANGRAM, Ende 1980 veröffentlicht, war sogar die beste Platte, die dieBerlinerElektroniker je gemacht haben. Da solche Geniestreiche nicht alle Jahre passieren, sollte man EXIT nicht an diesem Vorgänger messen. Sonst übersieht man womöglich die Qualitäten, die in dem neuen Album stecken.

TANGRAM hatte die Band nicht weiter unterteilt, da sich ein Soundbild aus dem anderen entwickelte und ein roter Klangfaden die ganze Platte durchzog. EXJT dagegen zerfällt in sechs Titel mit durchaus eigenständigem Charakter. „Kiew Mission“, der Auftakt, bringt mit einer mystisch tönenden Stimme ein neues Element in den gewohnten, gleichwohl immer wieder faszinierenden Synthesizer-Strom. „Choronzon“ und „Exit“ enthalten ausgesprochen eingängige Elemente (das Wort .kommerziell“ wäre hier auch richtig, aber zu vielschichtig) ; manchmal weht sogar ein Hauch Alan Parsons aus den Rillen. „Network 23“ müßte dank eines hart pulsierenden Ostinatos und metallischer Synthesizer-Vibrati ein breites Publikum zwischen Steve Stränge-Hofstaat und progressiven Discotheken-Gängern ansprechen; Edgar Froese, der ja jede Verneigung vor dem Hitparaden-Publikum entschieden ablehnt, hat mit diesen drei Stücken indes noch nicht – das muß klargestellt werden – den point of no return erreicht.

„Pilots Of Purple Twilight“ und „Remote Viewing“, die zwei verbleibenden Titel, gleichen am stärksten den Soundschöpfungen von TANGRAM oder FORCE MAIEURE (dem Album aus dem Jahr 1979). Man muß dieser elegisch und zeitlos vorbeifließenden Musik das Attribut „kosmisch“ verleihen. Der unselige Versuch eines Roff-Ulrich Kaiser, mit Hilf e dieses Begriffs Tangerine Dream nach Art der Abi Cola-Werbung aufzubauen, liegt bereits ein knappes Jahrzehnt zurück. Die Voyager-Raumsonden haben mittlerweile Jupiter und Saturn passiert. Und Tangerine Dream machen nach wie vor zeitgemäßen elektronischen Rock. Oder?