Television – Adventure

„Marquee Moon , die vor gut einem Jahr erschienene Debut-LP der New Yorker Rockband Television, ist noch immer das beste New Wave-Album, das Amerika bislang hervorgebracht hat. Was also soll die arme, ausgezeichnete Band tun, wenn die Zeit reif ist für den zweiten Wurf? Noch einen Zahn zulegen? Das kann niemand auf Kommando. Sich zur Ruhe setzen und Rente beantragen? Dafür sind die Jungs noch zu jung und zu explosiv. Neue Publikumsschichten gewinnen? Klar, warum eigentlich nicht!

„Adventure“ bringt die souveränen, mit Tonleitern und Akkordfolgen spielenden Gitarrenläufe, die quälende, hungrige Stimme Tom Verlaines, seine surrealistischen Alltagsbilder aus der zerrissenen, unbegreiflichen Metropolis New York und die so elektrisierende Aufbruchstimmung, die „Marquee Moon“ berühmt gemacht haben. Allerdings fällt der Sound diesmal ein ganzes Stück lieblicher und wärmer aus; vier Rebellen, die ihren Aufschrei in Graffiti-Manier kunstvoll auf die bröckelnden Fassaden der Betongebirge gemalt haben, klammern sich nun an das Prinzip Hoffnung, denn allein mit Wut im Bauch überlebt auf Dauer niemand.

Der Rock von Television ist noch immer ein musikalisches Abenteuer und ist noch immer aufrichtig, auch wenn ein paar hundertfünfzigprozentige Punks nun gleich wieder den kommerziellen Ausverkauf wittern. Wichtiger erscheint mir, daß eine Menge vorsichtiger Leute dank der größeren Spur Freundlichkeit in den Rillen von „Adventure“ nun Television entdeckt und über den Song „Venus“, der dem aktuellen Material noch am ehesten ähnelt, auch eines Tages bei „Marquee Moon“ landet. Stücke wie „Foxhole“, „Days“ oder „Ain’t That Nothin'“ wirken ohnehin nur luf den ersten Blick alltäglich; wer die Ohren aufsperrt, kommt bald dahinter, daß sich auch hier ein gänzlich neuer Klangkosmos auftut.