The Beatles :: The Capitol Albums Volume 1

Pop: US-Versionen früher Beatles-Klassiker, mit originalen Artworks und dickem Booklet.

Eigenartig, aber wahr: Der komplette : back-Katalog manch drittklassiger Band ist mittlerweile remastered erhältlich, doch bei den Beatles folgt die Plattenfirma der bewährten Salamitaktik: Jedes Jahr, meist kurz vor Weihnachten, erscheint so ein gutes Stück. Wenn das so weitergeht, dürften die Originalalben der Fab Four so um 2015 komplett überarbeitet vorliegen, denn dazwischen eingeschoben werden mit Sicherheit noch ein paar DVDs und vielleicht auch LIVE at thE HOLLYWOOD BOWL, das bislang nicht einmal auf CD vorliegt. Oder eben eine Box wie the capitol albums volume 1: „Diese vier Platten machten die Beatles vor 40 Jahren in Amerika populär“, lässt Capitol-Präsident Andrew Slater wissen. „Remastered von den Originalbändern, dokumentieren sie genau den Sound und die Songs, die damals den Weg in unsere Häuser und Wohnungen fanden.“ Glückliches Amerika. Die Rede ist von MEETTHE BEATLES,THE BEATLES SECOND ALBUM, SOMETHING NEW und BEATLES „65, alles Kompilationen für den US-Markt, die von den in Europa erschienenen Alben teils erheblich abweichen. Die Yankees sind nun mal Pragmatiker, weshalb sie englische LP-Tracks, die sie für verzichtbar hielten, kurzerhand gegen Hit-Singles austauschten. MEET THE Beatles etwa orientiert sich stark am zweiten England-Album WITH THE Beatles, dazu gibt’s „I Saw Her Standing There“ vom Debüt please please me sowie die Single „I WantTo Hold Your Hand“ samt B-Seite „This Boy“. Und so geht es weiter: THE BEATLES second ALbum verwurstet den Rest von WITH THE Beatles plus „ThankYou Girl“, „SheLovesYou“,“LongTall Sally“ und „I Call Your Name“. SOMETHING NEW, erschienen im August 1964, bezieht sich auf den einen Monat zuvor in England veröffentlichten Soundtrack A hard day’s NIGHT (der dann auch in den USA erschien) und enthält das Kuriosum „Komm gib mir deine Hand“. Eine Hommage an deutschsprachige Aussiedler in Pennsylvania? Oder nur eine Schrulle der Plattenfirma? Wir werden es niemals erfahren. Relativ nah am englischen Original Beatles for sale ist die US-Variante BEATLES ’65, und um die Verwirrung komplett zu machen, erschien dann im Juli 1965 THE BEAT-LES vi, Vier plus eins sind zwar auch in den USA fünf, doch zwischenzeitlich hatte Capitol noch the early BEATLES mit Auszügen des ’63er-Debüts PLEASE please me herausgebracht. Aber das gehört eigentlich nicht hierher, verdeutlicht nur die eigenwillige Veröffentlichungspolitik des US-Labels. Dass die Songs der Vier-CD-Box jeweils in Monound Stereomixen vorliegen, ist amüsant, gerade die antiken Stereofassungen sind unterhaltsam, kann man doch mittels Balance-Regler die Beatles zur Instrumental- oder A-capella-Combo umfunktionieren. Weniger lustig ist die Tatsache, dass US-Techniker mehr Hall auf die Aufnahmen legten, um sie dem amerikanischen Zeitgeschmack anzupassen. Knackiger und kompakter rocken sicher die britischen Versionen. Und überhaupt: Einem Produzenten namens George Martin sollte man nicht einfach ins Handwerk pfuschen. Der Mann wusste ganz genau, was er tat. Dass die US-Alben nun klanglich renoviert vorliegen, ist grundsätzlich eine feine Sache, noch besser wäre allerdings gewesen, die englischen Originale zu überarbeiten. Wer remasterte Single-Hits haben will, kann zur Sammlung ONE oder dem gut klingenden „Roten Album“ greifen. Gewiss war der riesige, zahlungskräftige US-Markt für diese Veröffentlichung ausschlaggebend, den die Plattenfirma eben bevorzugt bedienen möchte. Darf sie ja. Solange irgendwann auch mal die europäischen Originale zur Debatte stehen, die in der Regel ein wenig schlüssiger ausfallen – was nicht nur mit tradierten Hörgewohnheiten zusammenhängt. Die US-Veröffentlichungen hinkten den englischen eben immer ein Stück hinterher, was erst 1967 mit SGT. pepper’s lonely hearts club band ein Ende fand. Summa summarum liefern the capitol albums volume i natürlich einen guten Querschnitt durch das Frühwerk der Fab Four, jene Ära, in der der ganze Wahnsinn anfing. Künstlerisch wertvoller wären remasterte Neuauflagen von RUBBER SOUL, REVOLVER und SGT. PEPPER’S LONELY hearts CLUB band, die noch immer in mäßig klingenden Ausgaben aus der CD-Frühzeit vorliegen. Weihnachten 2007, 2009 und 2012? Zum 60. Jahrestag der „britischen Invasion“? Zu Pauls 75.? Geht das nicht ein bisschen schneller? Liebe Leute bei Apple Records, „1 Call Your Name“, erwarte aber „No Reply“. Klar wollt ihr in den USA viel „Money“ verdienen, abeT mal ganz ernsthaft: „Don’t Bother Me“. Bitte „Teil Me Why“ ihr uns diese „Rock And Roll Music“ so lange vorenthaltet. „Slow Down“? „Honey Don’t“! Irgendwann, „When I Get Home“ vom Plattenladen, möchte ich sagen können: „I Saw Her Standing There“ und „1 Feel Fine“. Bisdahin: „I ’11 Cry Instead“.