The Cars – Candy-O

Beim ersten – sehr guten – Album der amerikanischen Cars blieb unklar, wer da eigentlich ans Tageslicht gekommen war: eine traditionelle Rockband, die ein paar kräftige Spritzer der neuen Welle abbekommen hatte, oder aber eine New Wave-Band, auf der noch die Schatten der Vergangenheit lasteten. „Candy-O“ wirkt demgegenüber eindeutiger: Die Cars haben sich nunmehr der New Wave verschrieben, sind an die Talking Heads und an den Sound der ersten, 1977 veröffentlichten Blondie-LP herangerückt. Während der ursprüngliche Blondie-Sound jedoch für Amerika viel zu früh kam, liegen die Cars jetzt genau richtig.

Patti Smith, die Talking Heads und Elvis Costello haben zwischen New York und L.A. den Boden bereitet und den Durchbruch schon geschafft; die US-Charts sind in diesem Jahr für Newcomer so offen wie seit zehn Jahren nicht mehr, und das Talent der Cars, einfache, eingängige und zugleich intellektuell befriedigende Songs in die Welt zu setzen, macht das Maß voll: diese Band aus Boston repräsentiert auf dem größten Plattenmarkt der Welt den Zeitgeist, zusammen mit den zwar stärker im herkömmlichen Rock wurzelnden, aber ebenso frisch und unverbraucht wirkenden Dire Straits. Und nach den Straits sind die Cars mittlerweile auch der erfolgreichste Newcomer in den Staaten; ihre Debutplatte holte nach langem, zögernden Anlauf vor einigen Monaten Platin, der Nachfolger „Candy-O“ wird schon in wenigen Wochen soweit sein.

Was haben die Cars im Detail zu bieten? Zunächst einmal unterschwellig Rock von den Beatles über Boston bis zu Bowie; besonders deutlich erkennbar im Titelsong, der wie eine Hommage an Bowie wirkt. Hauptsächlich aber stark kommerzialisierte New Wave-Klänge, die angeführt werden von jenem bewußt synthetisch und kalt gehaltenen Keyboardsound, mit dem fast alle Bands der neuen Welle die achtziger Jahre einläuten, verbunden mit unruhigen, abgehackten Rhythmen. Natürlich treffen solche Charaktermerkmale auch auf viele britische New Wave-Gruppen wie Ultravox, Magazine oder Tubeway Army zu; zwischen denen und den Cars liegt indes ein ganzer Ozean, und das sollte man bedenken, ehe man diese Platte kauft. Die USA sind ein oberflächliches, durchkommerzialisiertes Land, und diese Umwelt können die Cars nicht leugnen. Das Cover von „Candy-O“, vom langjährigen berühmten „Playboy“-Illustrator Alberto Vargas gezeichnet, zeigt dies bereits an. Dennoch bieten die Cars auch für ein breites, aufgeschlossenes (!) deutsches Pop- und Rockpublikum eine musikalische Quersumme des Jahres 1979.