The Dead Weather im Astra-Kultur-Haus, Berlin

Sogar die Crew, vom Stagehand bis zum Mixer, trägt Dreiteiler und Hut. Die Crewmitglieder verrichten ihren Job mit der Gelassenheit von Hipstern, die sonst hauptberuflich im Cotton Club zu Gange sind. Ob die nun ein dreitägiges Einführungsseminar „Style on stage“ mit Jack White belegen mussten oder ob ihnen einfach nur bewusst ist, dass sie für eine der coolsten Kapellen der aktuelleren Popgeschichte arbeiten dürfen: Jedenfalls fügt sich der Aufzug ins Bild eines Abends, an dem es so gut wie nichts zu kritteln gibt.

Messerscharf schneiden die Gitarrenakkorde des Openers „60 Feet Tall“ durch den Raum. Die Nackenhaare stellen sich auf, so elektrisiert scheint alles: die Bühne, die Luft, die Menge. Alison Mosshart zieht alle Projektionen auf sich in ihrer Mischung aus Über-It-Girl und Rampensau. Sie umaalt den Mikroständer, headbangt über die Bühne. Schon beim zweiten Stück „Hang You From The Heavens“ ist klar, dass hier absolut nichts anbrennen wird. Die Band kann im Vergleich zur Platte wirklich noch eine Schippe draufpacken. Jack White ist auch am Schlagzeug ein beängstigend guter Musiker – aber er hat ja einst als Drummer angefangen. Er mag ein selbstverliebter Geck sein und sein Genie über alles stellen – wenn es der Wahrheitsfindung dient, bitteschön.

Bassist Jack Lawrence (The Raconteurs) und Gitarrist Dean Fertita (Queens Of The Stone Age) sind ideale Sidekicks, die bei aller Meisterschaft die Show den Alphatieren überlassen. Fertita spielt sogar Orgel wie John Paul Jones. Überhaupt Led Zeppelin – der Vergleich drängt sich öfter auf: der Blues-Hintergrund, die komplexe Rhythmik, die Spannungsbögen, das Charisma, der Sex…

HOREHOUND wird fast komplett gespielt, dazu ein paar neue Stücke. Vor den Zugaben der emotionale Höhepunkt: „Will There Be Enough Water“ ufert aus in eine Improvisationsorgie mit White an der Gitarre. Als der mit Mosshart den letzten Refrain ins Mikro schmachtet, berühren sich fast ihre Lippen. Der Hit „Treat Me Like Your Mother“ bringt dann zum Finale alles auf den Punkt: großartige Songs zwischen Klassik und Moderne im wuchtigen Analogsound. Es ist zum Lachen, aber The Dead Weather ist ein sogenanntes Nebenprojekt, eine Versuchsanordnung. Wenn Jack White weiterhin in seinem Labor in Nashville solche Bands zusammenschraubt, dann muss einem um die Zukunft gitarrengetriebener Musik nicht bange sein, bei aller Redundanz. Wenn sie wollen, könnten The Dead Weather eine ganz große Geschichte werden. Wenn der rastlose Jack White nicht schon wieder an ganz neuen Sachen dran ist.

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