The Operator :: von Tom King

RANDOM HOUSE. 670 SEITEN (ENCL. . S 25.95

Über seinen Namen ist wohl jeder, der sich für die Showbranche interessiert, schon mal gestolpert. Der Medientycoon und Multimillionär David Geffen startete seine Karriere in den sechziger Jahren mit dem Woodstock-Auftritt von Crosby, Stil Is. Nash & Young und der Gründung seines ersten eigenen Labels namens „Asylum Records“. In seiner illustren Kundenkartei befanden sich neben Jackson Browne auch die Eagles oder Joni Mitchell. Jüngeren dürfte zu David Geffen allerdings eher Nirvanas „Nevermind“ einfallen. Mit dem Musical „Cats“ etablierte er sich außerdem als Broadway-Absahner, und als finalen Geniestreich rief er gemeinsam mit Steven Spielberg und Jeffrey Katzenberg das Multifunktionsunternehmen DreamWorksSGK ins Leben. Soweit ein paar trockene Fakten, die bereits andeuten, worum es sich beim Phänomen David Geffen eigentlich handelt: die Verwirklichung des amerikanischen Traums. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich THE OPERATOR denn auch weniger als menschelnde Biografie denn vielmehr als detailverliebtes Wiedergekäue der Stationen einer ßilderbuchkarriere. Autor Tom King hat annähernd 300 (!) Leute aus dem Umfeld Geffens, den man getrost einen schwierigen Charakter nennen darf, interviewt. Mut zur Lücke hätte sich hier ausgezahlt, denn so lässt er leider jede noch so unbedeutende Begebenheit in Dialoge verpackt wieder aufleben und treibt damit den entnervten Leser in die äußersten Winkel seiner Aufnahmekapazitäten. Wer hier nicht die Lust am Lesen und schließlich auf 670 Seiten auch den Überblick verlieren will, muß sich schon ernsthaft für die Materie interessieren. King zeichnet das Bild eines gelegentlich jähzornigen Geschäftsmannes, der für einen guten Deal seine Großmutter verkaufen würde, aber stets im richtigen Moment zum Freund und Helfer avanciert. Schuld an der Misere ist, Hobby-Psychologen aufgepasst, sein von der resoluten jüdischen Mutter untergebutterter Vater und natürlich der jahrelange Kampf mit seiner verleugneten Vorliebe für stramme Jungs, bis er 1992 endlich die Öffentlichkeit an seinem Coming Out teilhaben lässt. Genug Stoff also, um das mittelschwere Skandälchen, das die Buchveröffentlichung in den USA ausgelöst hat, zu erklären. Indes. Der Mensch David Geffen wird in THE OPERATOR nicht greifbarer. Vielmehr klopft hier ein Amerikaner einem anderen auf die Schulter, frei nachdem Motto: „Typen wie du haben unser Land groß und mächtig gemacht.“ Die kritische Auseinandersetzung bleibt auf der Strecke. In den USA mag die Aufzählung von prominenten Namen (selbst Bill Clinton bleibt nicht unerwähnt), gewürzt mit Abzockereien, Macht, Geld, Psychotherapie und Homoerotik, für medienträchtigen Zündstoff sorgen. Aber hier in good old Germany kann man das alles viel gelassener sehen. Außerdem haben wir ja auch noch unsere eigenen big guys. nicht wahr?