The Violent Femmes – The Blind leading the Naked

Wandel belebt bekanntlich den Handel. Die Violent Femmes nahmen sich diese Weisheit offensichtlich zu Herzen. Um nicht auf der Entwicklungsstufe ihres zweiten Albums HALLOWED GROUND stehenzubleiben, sondern statt dessen an stilistischer Vielfalt zuzulegen, heuerten die drei aus Milwaukee einen Genossen aus der Heimat an: Jerry Harrison, seines Zeichens Keyboarder bei den Talking Heads. Und der gestaltete die Klänge auf diesem dritten Werk ungewohnt zugänglich, ohne daß Vielseitigkeit und Originalität der Femmes verlorengingen.

So punken die Femmes mal in Vibrators-Manier („Special“), mal geht ihnen der Western-Gaul durch. Auch in ruhigen, manchmal gar romaniischen Nummern hat Gordon Gano nie wirklich den Blues, sondern singt immer aufsässig, rotzig und kontert mit seinem Gesang die vorwitzigen, angriffsiustigen Gitarren-Passagen.

Und da Bassist Brian Ritchie ein mordsmäßiger T. Rex-Fan ist, durfte auch eine Coverversion von „Children Of The Revolution“ nicht fehlen. Gano hatte den Song zwar eine Woche vor den Plattenaufnahmen noch nie gehört, fand dann aber an dem Schnellschuß größten Gefallen.

Wer außer dem Gitarristen Leo Kottke an dieser Violent Femmes-Unternehmung beteiligt war, ließ sich den Vorabinfos leider nicht entnehmen. Jedenfalls präsentiert sich das Trio auch auf diesem Album mit der typischen sensiblen Rauhbeinigkeil. Die naiv romantische Collegeband-Sentimentalität der ersten Stunde, mit der sie bislang vor allem die europäische Intelligenzia zu beeindrucken wußten, ist den Knaben allerdings inzwischen gänzlich abhanden gekommen.