Trio Trio – Deluxe Edition :: Großenkneten ist überall

Wie spät kommt das denn?! Eines der „wichtigsten“, konsequentesten und also besten Alben der BRD-Pop-Geschichte (laut musikexpress 2/2001 sogar das drittbeste nachzuschlagen auch im Buch „Made In Germany“! kehrt endlich zurück in die Regale. Warten und ebay-Wahnsinn haben ein Ende. Was dem Sammler Zufriedenheit schenkt, macht den Fan erst richtig glücklich: Das 1986 zum ersten Mal digital, in längst vergriffenen CD-Auflagen wieder veröffentliche Debüt der radikalen Großenknetener wurde im Zuge der „Deluxe‘-Auferstehung klangtechnisch auf Vordermann gebracht.

„Transparenz“ darf hierbei wohl zuvorderst als audiophiler Mehrwert genannt werden. Berauschende Panorama-Soundgenüsse darüber hinaus könnte (und solltel auch der begnadetste Tontechniker dem an Gitarre, Standschlagzeug, ICasio-l Keyboard und Gesangsmikrofon stoisch bis rücksichtsfrei postpunkig agierenden Klangkörper nicht abringen. High-End-Remastering alleine vermag Pink-Royd- oder Dire-Straits-Anhängerverzücken und fürden Dritt- oder Viertkauf der immer gleichen Tonträger gewinnen. Trio-Freunde indes wollen mehr für ihr Taschengeld. Die Doppel-CD bietet Songs und Versionen, die bislang gar nicht oder nur auf Vinyl veröffentlicht worden waren. Der englischsprachige, abgespeckte Abturn-Rocker „Lady-O-Lady“ und das punkig-wilde Nomen-est-omen „Halt mich fest, ich werd‘ verrückt‘ ergänzen auf CD eins neben der englischen und der „long Version“ von „Da Da Da…‘ die reguläre Albumtrackliste. Die beiden Songs waren einst nur auf der Bonus-Single der Album-Erstauflage und eben auf der „Da Da Da… „-Maxisingle enthalten.

Doch erst CD zwei macht das Kraut so richtig fett. Darauf zu hören sind fast alle Songs des Demotapes, mit denen sich Trio einst bei der Plattenindustrie beworben hatten – zum großen Teil sind diese natürlich deckungsgleich mit den Titeln des Album-Debüts. Doch hier geht’s um die Authentizität, um unremasterbare Ursprünglichkeit: Zur Überspielung stand nur – nenn dies Kult und nenn nie wieder etwas so! ein Original-Audio-Tape aus dem Universal-Archiv zur Verfügung, bei dem Rauschunterdrückung einer Frequenzbeschneidung mit dem groben Hobel und somit einem Sakrileg gleichkäme. Ein Genuss sollen das Zischeln, Holpern und Kanal-Kurzausfälle nicht nur dem Autor dieser Zeilen sein, der vor rund 21 Jahren einen rustikalen Esszimmerstuhl vor das elterliche Fernsehgerät schob, auf der Lehne einen gegen den Monolautsprecher gekippten Kassettenrekorder mit eingebautem Eineinhalb-Quadratzentimeter-Mikro ausbalancierte und dieses aufnahmetechnische Arrangement mit der dicken Wolldecke vom Sofa vor dem nicht mehr fernen „Mitgegessen!“-Ruf der Mutter schutzdämmte, um das Trio-Konzert aus der Hamburger Markthalle vom 12. Februar 1982 auf verlässliches Chromdioxid zu bannen. So war ihm die formal klassische Rockmusiker-Ballade „Ich war‘ so gern‘ bei dir“ (die Nummer: in jeder Stadt eine andere Frau], die Trio nie im Studio aufgenommen hatten, schon damals ein schmalzig inszenierter Ohrwurm. Und ja, das Demo ist endlich auch der Beweis: „Ja Ja Ja“, „Los Paul“, „Peter Pank“ und „Sunday You Need Love“ konnten Stephan, „Kralle“ und Peter tatsächlich noch rauer und doller spielen als später auf ihrem Debüt. Den leiernden Calypso“.Energie“ abgeschmackter, das später von Samba gecoverte „Kummer“ in der frühen Liveversion des Demos gar bedrohlich-doomig.

Doch den Tag, an dem die späten Fans dieser Kapelle den Einfluss von Produzent Klaus Voormann auf die Lieder von Trio anhand von Arrangement-Details, zusätzlichen kleinen Keyboard-Melodien und griffigeren Grooves seitenlang in Internet-Foren diskutieren, möchte man nicht bei wachem Verstand erleben müssen. Denn das haben Trio nicht verdient. Nicht diese Band, der solche Friemelei das größtmögliche Gräuel war. Die es auf ihrer ersten Platte wie hierzulande sonst niemand verstand, den Rock’n’Roll wirklich auf das Allernotwendigste zu reduzieren, Postpunk und Wew Wave bereits Anfang der Achtziger unbeeindruckt auf Augenhöhe zu begegnen und mit dem gegebenen Ernst ironisch brach, was an Genreklischees so herumlag oder sogar Jahre später im Rausch der Spaßgesellschaft in Sachen Comedy und Hysterie erst noch Imisslgeboren werden musste.