Van Morrisson, Berlin, ICC

Erlösung nicht gewährleistet: „The Man“ ergeht sich in abgenudelten Rock-Standards, anstatt Seele zu zeigen. Dieser Mann kann Leben retten, vielleicht liegt san seinem Soul, womöglich an seiner schönen Seele, wahrscheinlich an beidem. Wer der Welt Songs wie „Common One“,“Take Me Back“ oder“Stoned Me“ schenkte, schuldet ihr keine Rechenschaft mehr. Und so schnipst sich Van „The Man“ an diesem Abend durch ein eigenwilliges Repertoire untoter Klassiker, von „Roll Over Beethoven“ über“Hound Dog“ bis zu, ungelogen,“Shake, Rattle and Roll“, begleitet von unmotivierten Mietmusikern und Linda Gail Lewis am Piano – der Schwester von Jerry Lee Lewis, mit der gemeinsam er jüngst auf „You Win Again“ ganz tief in die Mottenkiste gestiegen ist. Zu Tage förderte das dynamische Duo sattsam bekannte Rock’n’Roll- und R’n’B-Standards. Morrison hat den Rhythm’n’Blues? Wer hätte das gedacht: Michelangelo konnte auch Strichmännchen malen, wenn er wollte. Das Publikum in den weichen Sesseln des Kongresszentrums jedenfalls ist’s zufrieden, beklatscht höflich die uniformen Einlagen der Saxer und frenetisch des Meisters Ausflüge in die Vergangenheit:“Ancient Highway“ streift tatsächlich seine legendären Stärken, schwillt auf Morrisons Kommando an, ebbt nach seinem Fingerzeig ab-und endet mit einer Hommage an James Browns „Sex Machine“. Aber das war’s auch schon mit den verhaltenen, poetischen Tönen. Über allem natürlich Morrisons allmächtige Stimme, leider rückgebunden an tausendfach Gehörtes. Schon stakkatiert die schreckliche Frau wieder an ihrem Piano, gerät das Konzert immer mehr zu einer allzu gemütvollen Revue archaischer Oldies. Erträglich gemacht nur durch eingestreute Morrison-Klassiker wie „l’m In Heaven When You Smile“,“VanloseStairway“oder „Bright Side OfThe Road“,das mit einem peppigen Offbeat daherkommt. Der Star selbst scheint zufrieden mit sich. Auffällig gelöst flachst er mit seinen Musikern und gibt bereitwillig Zugaben – etwa ein herrlich verschludertes „Gloria“. Warum auch nicht? Schließlich will das ergraute Gros seiner Fans nichts als entspannte Routine zur Bestätigung der eigenen musikalischen Sozialisation. Wer aber noch ernsthaft auf Erlösung hofft, dem sei „It’s Too Late To Stop Now“ empfohlen. Ein doppeltes Live-Album von 1974, ein einfaches Wunder von zeitloser Schönheit. Can you hear the silence?