Vic Chesnutt – The Salesman And Bernadette :: Gediegen

Wer auch immer Vic Chesnutt in seinem Rollstuhl durch die Weltgeschichte schiebt, der muß Schwielen an den Händen haben. Chesnutt spielte eine Nebenrolle in dem gefeierten Melodram „Slingblade“, schrieb zusammen mit der Hardcore-Legende Fugazi die Musik zu einem Independent-Film, sekundierte Lambchop auf deren aktuellem Album WHAT ANO-THER MAN SPILLS – und die revanchieren sich nun als Studiomusiker für THE SALESMAN AND BERNADETTE, des Künstlers sechste Platte. Und die ist denkbar weit entfernt von der desperaten UTTLE, der melancholischen DRUNK, der trotzigen IS THE ACTOR HAPPY? und der ausgeglichenen ABOUT TO CHOKE. Denn statt in den spröden Arrangements seiner Scary üttle Skiffle Band entfalten sich Chesnutts Kompositionen diesmal im luxuriösen Ambiente einer gediegenen Big Band: Lambchop ließen nicht nur grüßen, sie kamen gleich selbst vorbei und verpackten THE SALESMAN AND BERNADETTE zärtlich in watteweiche Bläsersätze nebst zahlreichen Plinks und Ploinks ihres instrumentalen Schreckenskabinetts. Bis nur noch ein vergnügter Vic herausschaut und sich ganz aufs Singen konzentriert. Hier darf er auch mal ins Falsett steigen oder die Stimme zu einem gutturalen Murmeln hinabsinken lassen – der Song wird von Lambchop geschmeidig weitergetragen. Auch in ihren neuen feinen Kleidern und Klangfarben bleibt die düstere Eindringlichkeit dieses Poeten und Songwriters von höheren Gnaden erkennbar, unverkennbar. Da sind die genüßlich abgeschmeckten, über mehrere Takte gedehnten Vokale, die weit kreisenden Melodien in Zeitlupe und Kleinstadtgeschichten, wie sie John Updike nicht besser schreiben könnte. Eine fast heitere, selbstbewußte Platte.