Vicky Cristina Barcelona von Woody Allen, Spanien 2008 :: Start: 4.12.

Ein Land für alte Männer: Spanien ruft und Woody Allen folgt.

Die Rezeption des 38. Spielfilms von Woody Allen hängt in großem Maße davon ab, wie man Aliens Schaffen in den letzten fünf Jahren gegenübersteht. Anders als die Mehrheit konnte dieser Rezensent beispielsweise seinem als Rückkehr zu alter Form gefeierten match point nicht viel abgewinnen. Ich fand ihn selbstwichtig, herablassend, oberflächlich und unangenehm sexistisch, die aufdringlichen Verweise auf Dreisers „Eine amerikanische Tragödie“ schienen mir ein Vorwand für die Gelegenheit, Scarlett Johansson in strömendem Regen die Bluse aufzureißen (Menno! Warum dürfen alle anderen Regisseure Scarlett J. im strömenden Regen die Bluse aufreißen, nicht aber Woody Allen? Weil er 72 ist? Zwischenfrage d. Red.). Altersgeilheit muss auch bei der Realisierung von vicky cristina Barcelona eine Motivation gewesen sein – wie die Tatsache, dass spanische Geldgeber mit der kompletten Finanzierung winkten. Eine Lesbenszene zwischen Scarlett Johansson und Penelope Cruz zu inszenieren, ist nun mal mindestens ein so großes kreatives Aphrodisiakum wie die Gelegenheit, ohne Widerstand an jeder pittoresken Ecke von Barcelona und Umgebung drehen zu können. Und das mit einem Drehbuch, das sich hanebüchen in Klischees aalt und sich mit Karikaturen als Charakterzeichnung zufriedengibt. Mit der Realität hat die katalanische Erweckungsreise zweier amerikanischer Studentinnen nicht viel zu tun, wohl aber mit der Fantasie eines 72-Jährigen, der mit dem Äußeren von Twens mehr anfangen kann als mit ihrem Innenleben. Wenn man ehrlich ist, könnte das Szenario auch der Boulevard-Feder eines Curth Flatow entstammen. Was aber schon ein Gewinn ist angesichts unsäglicher Versuche an der Komödie wie zuletzt in anything goes oder Hollywood ending. Verglichen damit verzaubert vicky cristina Barcelona förmlich mit spielerischer Leichtigkeit, zumal der Hang zur Stadtneurose hier konterkariert wird von den wahren Trumpfassen des Films: Während Johansson hier nämlich farblos bleibt, lassen es sich die Cruz und Javier Bardem nicht nehmen, ihrem Regisseur zu zeigen, wie spanische Schauspielerasse darauf reagieren, wenn man sie Klischees spielen lässt: Sie machen sich einen Spaß damit und geben dem Affen Zucker. Das ist dann wirklich großes Kino, por favor.

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