Westbam

Götterstrasse

Vertigo/Universal 26.4.

Ein überraschend vitales Lebenszeichen von einer der prägenden Figuren der Raveszene. Auf der GÖTTERSTRASSE trifft sich eine unglaubliche Anzahl von Gaststars: von Iggy Pop über Lil Wayne und Brian Molko bis Kanye West.

Über die Bedeutung von Maximilian Lenz alias Westbam für all das, was sich heute hinter der relativ schmucklosen Abkürzung EDM verbirgt, kann kein Zweifel bestehen.  Vor allem, was Westbams Wirkung auf die europäische Musikszene betrifft. Nach einer langen Phase des Schweigens – sein letztes, halbwegs relevantes Album, Do You Believe In The Westworld, erschien im Jahr 2005 – präsentiert Westbam pünktlich zu seinem 30-jährigen Jubiläum als DJ, Produzent und umtriebiger Szenepapst eine Platte, die trotz aller rückwärtsgewandten Ausrichtung erstaunlich lebendig klingt. Rein musikalisch landet Westbam mit Götterstrasse – was, nur am Rande bemerkt, ein durchaus selten bescheuerter Titel für ein Album ist – genau dort, wo er seine größten Erfolge feierte: mitten in den 90er-Jahren. Ein schlauer Schachzug, denn die Wiederentdeckung dieses Jahrzehnts, das der Raving Society den großen Durchbruch gebracht hat, steht ja gerade wieder auf der Tagesordnung all der ziellos umhertreibenden Hipster, deren Geschichtsbewusstsein nicht weiter reicht als bis zum vorletzten Eintrag in ihrem Tumblr-Blog. Wobei man zugeben muss: Bei der Wahl seiner Gäste hat Westbam diesmal ein sehr gutes Händchen bewiesen. Allein dafür, Richard Butler von den Psychedelic Furs für die erste Single „You Need The Drugs“, einer Art moderner, sentimentaler Antidrogenhyymne, zu verpflichten, muss man dankbar sein. Trotzdem ist seine „Ode an die Nacht“, wie er Götterstrasse wohl selbst versteht, alles andere als frei von Schwächen. Daran ändern auch durchaus unterhaltsame Gastauftritte von Lil Wayne, Brian Molko, Iggy Pop und Kanye West nur wenig. An wohlkalkuliertem Aufwand wurde jedenfalls nicht gespart, Westbams Comeback im Verbund mit den richtigen Namen auch die nötige internationale Breitenwirkung zu verleihen. Das klingt manchmal herrlich altmodisch wie beim Titel „She Wants“, dem Bernard Sumner von New Order seine unverwechselbare Stimme leiht, manchmal aber auch nur berechenbar öde wie bei der Nummer „Götterstraße“ feat. Inga Humpe von 2Raumwohnung. Allerdings gebührt Westbam das Verdienst, neben Richard Butler auch Hugh Cornwell, der bis Ende der 80er-Jahre Sänger bei den Stranglers war und sich hier bei „A Night To Remember“ austoben darf, der weitgehenden Vergessenheit entrissen zu haben.