Westernhagen :: Keine Zeit

Dieser semi-dokumentarische Film über das Phänomen Westernhagen sei allen ans Herz gelegt, die Marius Müller-Westernhagen lieben oder verachten. Denn beide Fraktionen werden mit KEINE ZEIT bestens bedient. Das Dokumentarfilmerpaar D.A. Pennebaker und Chris Hegedus (‚Don’t Look Back‘) hat es geschafft, Westernhagen so zu zeigen, wie er sich gerne sieht: als selbstverliebter, egozentrischer Gockel, der sich am liebsten auch noch selber inszeniert, egal ob auf, hinter oder abseits der Bühne. Manche Leute mögen das, andere nicht. Die, die das mögen, kommen in’Keine Zeit‘ selber oft genug ins Bild: blonde, junge Menschen, die erwartungsvoll („Ma-ri-us, Ma-ri-us, Ma-ri-us…“) vor dem Auftritt vor der Bühne stehen und beim Auftritt dann authals mitsingen Uooooohnny Waaaaalker“). Aber vor allem kommt einer ins Bild: Marius. Marius, der Mensch – hinter der Bühne (Boris und Babs sind auch da). Marius mit breitkrempigen Hut bei der Zugabe – total bewegt, weil ihn alle so lieben („Danke, danke“). Marius erfreut („Wir haben zwölf wahnsinnige Konzerte hinter uns, aber das ist das wahnsinnigste, was ich jemals erlebt habe“). Marius, (wieder) der Mensch („Im Sommer ist Hamburg wunderschön, aber im Winter ist es echt deprimierend“), Marius, der Hüter des Rock’n’Roll-Lifestyles, trinkt (Rock’n’Roll) Champagner (Lifestyle) aus Plastikbechern (wieder Rock’n’Roll). Und die Musik? In ihren leidenschaftlichsten Momenten klingt Westemhagens Stimme wie der Angstschrei einer Kröte, die kurz vor Tod durch Strangulieren steht („Sexeeeeeeeee, ich würde alles für dich tun…“) oder wie mein Neffe vor zehn Jahren schon sagte: „Der macht ja nur die Rolling Stones nach“.