Schwerer Brocken für die Autoren


Selten bot sich eine Geschichte so wie die der Christiane F. zur Verfilmung an. Doch die von der Illustrierten „Stern“ dokumentierte „Drogenkarriere“ innerhalb der Berliner Heroinszene, als Buch längst zum renommierten Bestseller avanciert (siehe auch ME-Poll), erwies sich für hiesige Drehbuchautoren als ziemlich prekär. Zuguterletzt kam der Film jetzt in die Kinos, wie ihn Hermann Weigel (Buch) und Ulrich Edel (Regie) konzipierten.

Das Thema ist ebenso relevant wie gefährlich: Jugendliche, Heroinsucht, Prostitution. Die Versuchung, hier einen kassenträchtigen und möglichst noch pornografisch gewürzten Thriller auf die Leinwand zu zaubern, ist möglicherweise eben doch zu groß. Deshalb sollte man, was dies betrifft, durchaus die Sensibilität des Teams Weigel/Edel würdigen. Denn beide waren sich offenbar einig, daß dieser thematische Teufelskreis mit Vorsicht zu behandeln ist. Erstens galt es, die Würde der Beteiligten nicht zu verletzen – auch wenn sich ihr Fixerdasein in der erniedrigenden Umgebung von Prostitution und den Toiletten des Bahnhof Zoo abspielt. Und dann sollte natürlich auch nicht „auf die Droge geil gemacht werden“. Nicht ganz einzusehen ist allerdings, warum ziemlich viel Zeit damit zugebracht wird, Chrisrianes Drogeneinstieg eher lapidar zu vermitteln, ohne ihre seelische Motivation stärker freizulegen.

Die deprimierende Geschichte um die Kinder vom Bahnhof Zoo, die ihren täglichen Heroinbedarf schließlich nur noch durch Prostitution sichern können, wurde bekanntlich mit Laien gedreht. Gerade sie vermitteln dabei eine erstaunliche Authentizität, obwohl keiner der Jugendlichen wohlgemerkt aus der „Szene“ stammt. Hauptdarstellerin Natja Brinkhorst war bei den Dreharbeiten 14 Jahre alt. Es ist speziell ihr Gesicht, das die Geschichte weiterbringt. Erst ab auch sie bleich und voller Ausschlag, die Augen gelbgrün umschattet, durch die Szene stolpert wie die anderen Heroin-Zombies, erreicht der Film im letzten Drittel seine Logik und damit wohl auch die notwendige Intensität.

Die viel zu lange und dafür viel zu wenige ergründete Anlaufphase irritiert zudem noch durch Detailungenauigkeiten, wie sie sich durch die Einbeziehung David Bowies ergeben, dessen Musik in Christianes Drogenabhängigkeit eine Schlüsselrolle spielt und auch den Soundtrack liefert. So ist es paradox, daß hier vor dem (böse eingeflickten) Auftritt dieses Kult-Ästheten eine (peinlich nachgestellte) Balgerei zwischen Headbanger-Typen über die Bühne geht, die eher in den Rahmen eines Heavy-Metal-Konzertes paßt. Sehr wirkungsvoll illustrieren dagegen Bowies düstere Synthesizer-Bilder von der LP LOW die Trostlosigkeit der U-Bahnhöfe, verlassener Ladenzentren und der leeren Stadt im Morgengrauen.