Sex Pistols: Anarchy im Altersheim: Rotten will Cash


In London schießen sich die Sex Pistols auf ihr Comeback ein.

In diesem Leben bleibt einem aber auch wirklich nichts erspart! Nicht einmal die Reunion der Sex Pistols. Bei einer Pressekonferenz im Londoner ‚100 Club‘ äußerten sich die Punk-Veteranen, allen voran Großmaul John Lydon, der jetzt wieder auf den einträglichen Namen Johnny Rotten setzt, zu den Gründen für die fragwürdige Wiedervereinigung. Dabei wurde deutlich, daß der Boss von Steve Jones (git), Glen Matlock (bass) und Paul Cook (dr) über die Jahre nichts von seinem pöbelnden Punk-Appeal verloren hat. Und weil selbst wilde Männer was zum Leben brauchen, kündigten die Pistols vor der versammelten Presse auch gleich eine Tournee (siehe ‚Termine‘) sowie ein dazu erscheinendes Live-Album an. Im Mittelpunkt der denkwürdigen Veranstaltung aber stand die rotzfreche One Man Show von von John Lydon —- Reporter fragen, Rotten antwortet:

Das ist doch wirklich eine traurige Veranstaltung, oder?

JR: Traurig ist nur, daß ein Arschloch wie du nicht zu schätzen weiß, wieviel Arbeit hier reingesteckt wird.

Haßt ihr euch immer noch?

JR: Ja.

Warum seid ihr dann hier?

JR: Um ehrlich zu sein – die Sex Pistols haben nie ein ordentliches, angemessenes Ende genommen. Darum geht’s hier, einen endgültigen Punkt zu setzen. Wir haben uns lange davor gedrückt. Vor allem, weil’s am Schluß so tragisch und schrecklich falsch lief, wegen korruptem Management und verschiedenen Arschlöchern in der Band. Wir sehen uns auf menschlicher Ebene nicht in die Augen. Aber wir haben nun mal ein gemeinsames Interesse – these fucking songs.

Du hast mal gesagt, ihr wurdet nie mehr zusammenkommen.

JR: Na und? Ich hab‘ eben meine Meinung geändert. Nenn‘ mich deswegen nur nicht verlogen! Klar hat Geld was damit zu tun. Aber das ist nicht alles. Ich bin nämlich unglaublich gemein. Wenn etwas als sakrosankt gilt, dann will ich erst recht daran herumfummeln.

Wirst du jetzt die englische Monarchie beseitigen?

JR: Nein, nein. Unser fünftes Mitglied, Lady Diana, macht diesbezüglich schon einen sehr guten Job. Übrigens haben wir angeboten, ein Benefizkonzert für sie zu veranstalten. Sie braucht ja dringend Kohle. Genau wie wir.

Hat euch in eurer Abwesenheit jemand vertreten? PIL zum Beispiel?

JR: PIL ist eine ganz separate Sache und wird es immer sein. Das hier sind die Sex Pistols, die Originalbesetzung. Sid (Vicious – Red.) war nie mehr als ein Kleiderbügel, der auf der Bühne einen Platz zu füllen hatte. Das hier sind die Leute, die die Songs schrieben, danke schön. Und jetzt möchten wir Kohle sehen. Über die Jahre hat ja jeder Fucker an uns verdient, nur wir selber haben keinen Penny und keinen Respekt bekommen. Man würde nicht meinen, daß wir so was brauchen. Aber ganz ehrlich, ich brauche es, ich verlange es sogar!

Du hast mal gesagt, die Stones seien lauter alte Fürze. Seid ihr das nicht auch?

JR: Ich hab‘ genug alte Fürze, um dich vollzufurzen, wenn du nicht endlich die Klappe hältst. Es ist keine Schande, alt zu werden. Wir sind wie ein guter reifer Wein.

Zum Thema Geld. Wie pleite seid ihr denn nun eigentlich?

JR: Das ist ja der Witz, überhaupt nicht! Wir brauchen das Geld gar nicht. Na ja, ein bißchen mehr kann nicht schaden.

Geht ihr allein auf Tournee?

JR: Wer kommt schon wegen einer Vorband. Es heißt, beim Londoner Konzert im Finsbury Park spielen die Buzzcocks. Aber wenn du Spaß haben willst, dann komm einfach später.

Warum das?

JR: Ehrlich gesagt ist es höchst wahrscheinlich, daß wir uns innerhalb von drei Sekunden die Köpfe einschlagen werden. Das ist die Realität. Auf keinen Fall kann ich ein nettes Konzert mit vier Typen versprechen, die sich gegenseitig abknutschen.

Wie alt seid ihr inzwischen?

JR: 21 – und so alt bin ich seit 19 Jahren. Aber im Ernst: Im Januar bin ich 40 geworden, und ich schäme mich deswegen nicht im geringsten. Wir geben ja nicht vor, die Kids zu spielen. Haben wir nie getan. ‚Hope I die before I get old‘ -— diese Townshend-Scheiße haben wir nie unterschrieben.

Johnny…

JR: Rede mich bitte mit ‚Sir‘ an.

Werden die Konzerte gut laufen?

JR: Nein, die Konzerte werden nicht gut laufen. Live haben wir ja schon immer enttäuscht. Das macht doch den halben Spaß aus.

Das Publikum wird wohl aus dem Altersheim kommen, oder?

JR: Die Greise werden in Scharen aufkreuzen. Hoffentlich regnet’s im Finsbury Park. Dann bleiben sie mit ihren Rollstühlen im Dreck stecken.

Ist auch MTV-Unplugged fällig?

JR: Sehen wir vielleicht wie die Heilsarmee aus?

Genausowenig wie euer Ex-Manager Malcolm McLaren.

JR: Das darf man nicht falsch sehen. Malcolm ist nie mit unserer Kohle durchgebrannt. Dazu war der viel zu blöd.

Bist du erwachsen geworden?

JR: Nein, ich bin nur in die Breite gewachsen.