Skrillex


Sonny John Moore alias Skrillex mag sich bescheiden und nervös geben, doch seine Show in der Berliner C-Halle macht unmissverständlich klar: Er hat den Längsten.

Schon in der U6 sieht man, dass es sie wirklich gibt: Diese Mädchen, die man sonst nur bei girlsthatlooklikeskrillex.tumblr.com sieht. Die Seiten rasiert, die schwarz gefärbte Mähne auf die linke Schulter geworfen, die schwarze Brille lugt trotz fingerdicken Rahmens eher schüchtern unter dem Pony hervor. Vor der Halle dann tragische Szenen: Britische Kids schleichen mit wässrigen Augen von dannen. Rote Letter über der Tür verkünden stolz: „Sold out!“ Kurzer Check beim Schwarzmarktdealer: „Für 80 kommste rein.“ Das übersteigt das Budget eines englischen Schülers auf Klassenfahrt. Faszinierend, wie schnell Skrillex den Hype um seinen sperrigen Bastard aus Wobble-Bässen, verwässertem Dubstep, Elektrogepolter und Industrial-Noise in einen Publikumsmagneten verwandelt hat, der die Kalkbrenner-Jugend ebenso anzieht wie den „Spex“-Leser.

Seine Live-Show, wenn man sie denn so nennen kann, macht aber bereits in den ersten Minuten deutlich, warum das so ist: Skrillex hat den Längsten. Er mag sich in der Öffentlichkeit bescheiden und nervös geben, seine Show öffnet schon beim Opener „Breakin‘ A Sweat“ die dicke Hose und lässt Konfettikanonen hinausfeuern. Die Menge dreht spätestens durch, als Skrillex nach zwei Minuten den berüchtigten Bass-Föhn anwirft. Auf der Bühne sieht man derweil, wie Skrillex vor einer dreidimensionalen Leinwand-Konstruktion in einem erhöhten Balkon hinter dem MacBook herumturnt und gelegentlich auf die Menge blickt, als wollte er eine Republik ausrufen. So wie man ihm da aus der Hand frisst, würde er damit auch durchkommen. Die Visuals dazu sind ebenso eindrucksvoll wie die Publikumsreaktion. Mal schweben Raumschiffe wie aus „Captain Future“ um den wirbelnden Haarschopf des Künstlers, mal vermutet man den Geist von Fritz Lang im Backstage lungernd. Das erstaunlichste Gimmick ist sicher Skrillex‘ Wunderanzug, der seine Bewegungen auf einen virtuellen Drei-Meter-Avatar überträgt, der so aussieht, als hätte man einen Uruk-hai mit Skeletor gekreuzt. Gutes Entertainment ist das allemal, und wer elektronische Tanzabende gerne als Science-Fiction-Spektakel aufbereitet sieht, kommt hier auf seine Kosten. Tiefgang ist freilich etwas anderes.