Smashing Pumpkins: Saitensprung


Im Grunde ist der Gitarrist James Iha mit den Smashing Pumpkins verheiratet. Weil in dieser Ehe aber nur Bandboss Billy Corgan bestimmt, wie's klingen soll, geht Iha jetzt auch eigene Wege.

Das Chateau Marmont in L.A. ist die Rock’n’Roll-Adresse schlechthin. Wer hier absteigt, hat entweder einen Sinn fürs Morbide (hier starb u.a. John Belushi) oder das nötige Kleingeld. An letzterem dürfte es James Iha, Gitarrist der Smashing Pumpkins, wirklich nicht mangeln. Der Erfolg der Pumpkins-Platte „Mellon Collie & The Infinite Sadness“, die sich rund neun Millionen mal verkaufte, hat allerdings nicht nur Ihas Konto, sondern auch seinem Selbstbewußtsein Flügel verliehen. Nach der Gründung des Labels Scratchie Records wartet der 29jährige jetzt mit seinem Solodebüt („Let It Come Down“) auf. Zwar schreibt lha schon seit Jahren Songs, doch nur wenige davon fanden den Weg auf die bisherigen vier Pumpkins-Alben.“Die Leute haben registriert, daß ich Songs schreibe. Aber ein richtiges Album hätten sie mir kaum zugetraut“, sinniert Iha, während er sich schläfrig auf einer Ledercouch räkelt. Bemüht, bloß nicht zu viel Einblick in das komplexe Innenleben der Pumpkins zu gewähren, weist er den Verdacht einer musikalischen Rebellion gegen Bandleader Billy Corgan denn auch weit von sich: „Natürlich habe ich mit ihm über dieses Album gesprochen, und er hatte nichts dagegen. Schließlich löst es den Konflikt, der entstanden wäre, wenn ich den Wunsch geäußert hätte, einen Teil meiner Songsauf der nächsten Pumpkins-Platte zu plazieren.“

Bei der Umsetzung seiner Songideen halfen Iha neben Pumpkins-Bassistin D’Arcy und Drummer Matt Walker auch Adam Schlesinger von den Fountains Of Wayne, Nina Gordon von Veruca Salt sowie diverse Session-Cracks. „Ich habe lange überlegt, ob ich für mein Soloalbum eine neue Band zusammenstellen sollte, aber das erschien mir irgendwie überflüssig“, erinnert Iha sich an die Planungsphase. „Am Ende sind die beteiligten Musiker für drei Tage nach Chicago gekommen, haben ihre Parts eingespielt und sind dann wieder abgereist. Sie hatten weder Einfluß auf das Songwriting noch auf die Produktion.“ Selbige fand in Ihas Keller statt, den er – frei nach seinem geliebten Labrador – kurzerhand in „Bugg Studios“ umtaufte.

Zwar sind die Smashing Pumpkins seit „Mellon Collie“ vielseitiger und offener geworden. Aber das, was James Iha als Solist auftischt, fällt vollends aus dem Rahmen.

„Billy schreibt so viele Songs, daß es fast unmöglich ist, mit ihm zu konkurrieren – zumindest, wenn wir uns auf dem gleichen Terrain bewegen,“ beschreibt Iha die Situation in der Band. Folglich hat er sich auf eine Nische verlegt, die ihn schon seit Jahren fasziniert: Folkrock. Dabei könnte man meinen, der Gitarrist sei genauso Sabbath-, Priest- und Led Zep-beeinflußt wie die übrigen Pumpkins. Aber: „Das waren nie meine Lieblingsbands. Ich mag Country, Dance und Soul mindestens genauso gern wie guten Hardrock. Scheiße, ich stehe sogar auf Boys II Men. Klar, die Pumpkins haben immensen Einfluß auf mich. Aber bei meinem Soloalbum ging es darum, mich selbst als Songwriter und Sänger zu profilieren.“

Keine Frage, man merkt dem 29jährigen Iha an, daß er es ehrlich meint: „Wenn ich von einer Tournee nach Hause komme, habe ich einfach keinen Bock mehr auf verzerrte E-Citarren. An solchen Tagen spiele ich viel lieber auf meiner Akustikklampfe. Und genau dabei entstanden die Songs von ‚Let It Come Down´“. Anleihen bei Folk-Ikonen wie Crosby, Stills, Nash & Young,The Band, Jackson Browne oder Gram Parsons haben sich laut Iha eher unbewußt in sein Solodebüt eingeschlichen: „Ich wäre gar nicht in der Lage, einen ihrer Songs zu covern. Mir geht es einzig um das Feeling und die Qualität des Songwritings – das sind Dinge,die mich ungemein inspirieren. Deshalb versuche ich mich an Songs mit klassischem Charakter.“ Wenn es darum geht, die eigene Musik von den gegenwärtigen Folk- und Country-Klängen gestandener Underground-Helden wie Ween und Supersuckers zu unterscheiden, lautet die Lieblingsvokabel von James Iha „zeitlos“. So sollen seine Songs klingen. Im Grunde aber, so Iha, wisse er nicht, wie er den eigenen Stil beschreiben solle – um dann ein wahres Monstrum von einem Wort zu kreieren: „Am ehesten ist es wohl noch eine Art Singer-Songwriter-Classic-Rock-Style.“

Während Iha sein Soloalbum promotet, nehmen die restlichen Pumpkins ihr neues Album auf. Bei der Frage, was man denn von diesem Werk zu erwarten habe, gibt Smashing James sich eher zugeknöpft. Nur so viel läßt er raus: „Die Platte hat ein bißchen von beidem – sowohl elektronische als auch akustische Elemente.“ Aha, Herr Iha. Und sonst? Wie darf man sich die Neue von Billy Corgan und seinem Clan konkret vorstellen? Die Reaktion auf diese Frage läßt kein weiteres Nachforschen zu: „Laß uns nicht über die Pumpkins reden – hier geht es um mein Album. Für alles andere ist es einfach zu früh.“