Smashing Pumpkins, Sportovni Hala, Prag


PRAG IST NICHT NUR MALERISCH, sondern auch hip. Das gilt insbesondere für seine Jugend, die ganz dem Skate- und Rave-Look verfallen ist. Um so verwunderlicher, daß sich die Smashing Pumpkins bislang nicht in der Donaumetropole blicken ließen. Worauf sie all die Jahre verzichtet haben, erfahren sie nun am eigenen Leib: Ein euphorisches Publikum, das jede einzelne Strophe mitsingt und -hüpft, einen grandiosen Sound und mit der gigantischen Arena der Eishockey-Heroen Sparta Prag die passende Kulisse. Ideale Rahmenbedingungen, die selbst Billy Corgan den Hauch eines Lächelns abgewinnen. Dessen Metamorphose scheint inzwischen ja weitestgehend abgeschlossen: vom schlaksigen Slacker zu Billy Noir, Dark Star of Rock. Ganz in Schwarz, verkörpert er das Image der Band: chic, surreal und absolut unnahbar. Doch sind die drei, die sich nach dem Rauswurf von Jimmy Chamberlin weiterhin von Filter-Drummer Matt Walker verstärken lassen, an diesem Abend längst nicht so unterkühlt wie gewöhnlich.“Es tut uns leid, daß wir erst jetzt hier spielen, aber unsere Manager meinten.es bestünde keinerlei Interesse. Wir werden sie feuern und bald wiederkommen.“ DÄrcys Gesicht strahlt trotz verlaufener Wimperntusche vor tiefer Zufriedenheit. Und die wirkt sich auch auf den Set des medienscheuen Trios aus. Das wundersame Wechselspiel aus Krach und Melodie, Sphärik und Destruktivität, Pathos und durchgetretenem Gaspedal bewirkt einen emotionalen Sog, vordem es kein Entkommen gibt. Auf „Zero“ folgt das epische „Tonight tonight“, auf „1979“ das frontale Jellybean“, auf „Porcelina Of The Vast Oceans“ der Klassiker „Cherub Rock“. Die Batman-Single „The End Is The Beginning Is The End“ erfährt eine extrem ruppige Live-Premiere.Zuckerbrot und Peitsche-Billy Corgan verteilt beides wohldosiert, „l’m sorry I don’t speak any Polish, but this is fuckin‘ great.“ Verdutztes Schweigen. Dann: „Scheiße, ist das hier etwa Prag?“ Billy grinst. Der vermeintliche Versprecher ist nicht die einzige Kostprobe des eigenartigen Pumpkins-Humors. Beim finalen „Silverfuck“ läßt sich auch Gitarrist James lha zu einer witzelnden Ansage hinreißen: „Ich möchte, daß ihr euer Gehirn bei diesem Song in die Hosentasche steckt.“ Ein Pärchen nimmt die Aufforderung wörtlich und kopuliert auf dem obersten Rang zu den peitschenden Sound-Attacken. Corgan endeckt die beiden als erster, streckt die Hand zum Gruß und preist das Wunder der körperlichen Liebe. Die zwei Aktiven aber lassen sich weder von kahlköpfigen Zynikern noch von johlenden Neidern stören: Für sie ist es das beste Konzert seit langem. Mit Pumpkins oder ohne.